Unternehmen melden tausende freie Lehrstellen

Mehrere Wochen nach Beginn des Ausbildungsjahres sind in Hessen noch tausende Lehrstellen bei den Unternehmen unbesetzt.

Gleichzeitig stehen nur noch einige Hundert Bewerber ohne Ausbildungsplatz da, wie die Regionaldirektion Hessen der Agentur für Arbeit am Montag in Frankfurt mitteilte. Demnach waren zum 30. September noch mehr als 2.750 Ausbildungsplätze frei. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte indes schlechte Ausbildungsbedingungen besonders in der Dienstleistungsbranche. Viele Lehrlinge müssten regelmäßig Überstunden leisten.

Nach den Zahlen der Arbeitsagentur gibt es mit den fast 3.000 noch unbesetzten Ausbildungsplätzen ein deutliches Überangebot für die verbliebenen Bewerber: 684 junge Menschen sind derzeit noch ohne Lehrstelle oder vergleichbare Angebote. Besonders drastisch ist die Situation im Agenturbezirk Frankfurt: Dort kommen 91 Kandidaten auf 1.020 freie Stellen.

Nicht jeder Jugendliche auf der Suche passe aber auf einen der noch freien Ausbildungsplätze, betonte der Leiter der Regionaldirektion, Frank Martin. Neigung und Eignung spielen dabei eine genauso wichtige Rolle wie die Bereitschaft zu Mobilität und die hohen Lebenshaltungskosten in Ballungsräumen. Die Tendenz, eine weiterführende Schule zu besuchen, anstatt in den Beruf zu starten, sei ebenfalls weiterhin hoch.

Handwerkskammern zufrieden mit Ausbildungsmarkt

Die hessischen Betriebe haben den Angaben zufolge mehr Ausbildungsplätze gemeldet als in den Jahren zuvor. Mit 37.490 Lehrstellen liege der Anstieg gegenüber 2010 bei rund elf Prozent. Bei der Arbeitsagentur gemeldet hätten sich 42.089 Bewerber, 916 weniger als im Vorjahr. Martin sagte, das verstärkte Engagement der hessischen Betriebe sei positiv. Es zeige sich allerdings jetzt schon deutlich, dass die Unternehmen mit Blick auf fehlende Fachkräfte in der Zukunft ausbilden wollten, es jedoch an genug ausbildungswilligen Menschen fehle.

Nach Ansicht der hessischen Unternehmerverbände schöpft die Wirtschaft das gesamte Potenzial des Nachwuchses komplett aus. Wer noch in schulischen Warteschleifen stecke, tue dies nicht, weil es an genügend Angeboten mangele.

Die hessischen Handwerkskammern und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Hessen-Thüringen bewerten die Lage am Ausbildungsmarkt nach eigenen Angaben positiv. Bis Ende September seien 10.000 Verträge im Handwerk abgeschlossen worden, 500 mehr als noch ein Jahr zuvor. Der DGB kritisierte jedoch, dass die Auszubildenden in Hessen und Thüringen zu viele Überstunden leisteten. Zu diesem Ergebnis kommt der zweite Ausbildungsreport des DGB für die beiden Bundesländer.

Zwei Prozent der Azubis sind sehr unzufrieden

Nach der Befragung sind 23,7 Prozent der Betroffenen mit ihrer Ausbildung sehr zufrieden und 47,8 Prozent zufrieden. 21,6 Prozent waren nur teilweise zufrieden, 4,8 Prozent unzufrieden und 2 Prozent sogar sehr unzufrieden. Befragt wurden 1.823 Auszubildende der 25 am häufigsten gewählten Berufe. Die Daten wurden vom Institut für sozialpädagogische Forschung der Universität Mainz ausgewertet. Die Zufriedenheit sei weitgehend hoch, aber sehr unterschiedlich verteilt, erklärte der DGB. Vor allem in Dienstleistungsberufen wie Friseurhandwerk, Einzelhandel, Gastronomie oder Hotels seien die Zustände teilweise sehr schlecht.

Die Grünen im Landtag sehen trotz der guten Ausbildungsquote der Unternehmen noch Handlungsbedarf. Es werde nicht genug unternommen, um junge Menschen für ein breites Spektrum von Ausbildungsberufen zu interessieren. Auch die Arbeitsbedingungen für Jugendliche im Hotel- und Gaststättengewerbe seien oft nicht hinnehmbar.