Angehende Banker müssen auf Bauernhof schuften

Eisenberg/Etzdorf (dpa) – Latzhose statt Nadelstreifen, Mistgabel statt PC: Die Volksbank Eisenberg schickt ihre Lehrlinge auf den Bauernhof. Doch nicht um für Girokonten, Sparbücher oder Aktien zu werben.

Vielmehr sollen die angehenden Bankkaufleute die harte Arbeit ihrer Kunden kennenlernen. «Viele Banker treten sehr arrogant auf», erklärt Vorstand Sylke Schröder das ungewöhnliche Projekt. «Diesen Zahn wollen wir unseren Lehrlingen von Anfang an ziehen.» So haben jüngst schon das vierte Jahr in Folge drei neue Auszubildende vier Wochen lang auf dem Pferdehof Etzdorf geschuftet.

Lehrling Eric Leibold musste jeden Morgen mit Mistgabel und einem kleinen Bagger die Ställe ausmisten. Dem Unkraut, das zwischen Wegplatten wucherte, rückten er und seine beiden Kollegen mit dem Messer zu Leibe. «Das ist eine sehr mühselige Arbeit», sagt der 19-Jährige aus Bad Klosterlausnitz. Bereits an den ersten Tagen schmerzten ihn einige Blasen an den Händen. Dagegen war das Füttern der Tiere und die Vorbereitung auf ein Turnier fast schon Entspannung.

Das Projekt wurde aus einem Zufall geboren. Sylke Schröder hatte sich immer wieder mal im Aufsichtsrat über die Motivation und Arbeitseinstellung der Lehrlinge mokiert. Dort sitzt auch der Vorstandschef der Agrargenossenschaft Buchheim-Crossen, der darauf mit dem Vorschlag reagierte: «Dann schickt sie doch mal zu mir.» Seither müssen alle Lehrlinge in den ersten Wochen ihrer Ausbildung auf dem Pferdehof rackern. «In Etzdorf ist die Welt noch etwas anders», erklärt Schröder. «Da gibt es weniger Befindlichkeiten. Es werden eher harsche Worte gesprochen, ohne dass gleich jemand beleidigt ist, jeder packt mit an und hinterher sitzt man auch mal zusammen, um zünftig zu feiern.»

Auf dem Hof sollen die angehenden Banker ihre Sozialkompetenz stärken und Respekt vor ihren Kunden und deren Arbeit entwickeln. Denn der Großteil ihrer Firmenkunden sind Landwirte und Handwerker. «Die kommen auch im Blaumann in die Bank», sagt Schröder. Sie ist selbst Quereinsteigerin bei der kleinen Genossenschaftsbank, die zusammen mit ihrer Tochter Ethikbank eine Bilanzsumme von 204 Millionen Euro aufweist und gut 40 000 Konten verwaltet. Schröder kennt daher die Vorbehalte gegen Banker, denen nicht erst seit der Finanzkrise häufig Dünkel, Arroganz und Gier nachgesagt wird.

Bei den jungen Leuten stößt das Projekt nicht immer auf Enthusiasmus. «Ich habe bei meinem Vorstellungsgespräch zum ersten Mal davon erfahren», erinnert sich Liebold. «Da bin ich aus allen Wolken gefallen.» Seinen Karrierestart bei der Bank hatte er sich anders vorgestellt, beim Wort Praktikum eher an Büroarbeit gedacht. Doch nach vier Wochen Arbeitseinsatz auf dem Bauernhof ist er eines Besseren belehrt. «Ich finde es gut», konstatiert der 19-Jährige. «Ich weiß jetzt, wie schwer der Kunde sein Geld verdient und wie wichtig es ist, das Geld sicher anzulegen.»