Aufstrich-Diebstahl: Beide Kündigungen unwirksam

Dortmund (dpa) – Das Medieninteresse ist riesig. Wieder geht es am Dienstag (10. März) innerhalb weniger Wochen um einen Mini-Diebstahl am Arbeitsplatz und eine fristlose Kündigung.

Im Mittelpunkt stehen diesmal zwei Bäcker und ein Brötchenbelag im Wert von 50 Cent. Die Männer sollen den Kräuter-Öl- Aufstrich für ihre im Betrieb verzehrten Brötchen angeblich gestohlen haben. Erst vor zwei Wochen hatte das Berliner Landesarbeitsgericht die fristlose Kündigung einer Kassiererin für rechtens erklärt. Sie hatte zwei Pfandbons im Gesamtwert von 1,30 Euro unterschlagen.

«Ich habe die Masse angerührt und war der Meinung, ich hätte sie verwürzt», sagte Horst Dorkowski (44), einer der beiden. Mit seinem Kollegen Benjamin Lassak (26) habe er den Geschmack des sogenannten «Hirtenfladen»-Aufstrichs nur überprüfen wollen. Daraufhin hatte die Bergkamener Bäckerei-Kette Westermann die Männer im vergangenen Spätsommer wegen Diebstahls fristlos gekündigt. In beiden Fällen zu Unrecht, befand das Arbeitsgericht Dortmund. Das Unternehmen muss die Bäcker nun weiterbeschäftigen. Ob diese den Belag letztlich gestohlen hatten, ließ das Gericht offen.

Zwar könnten auch Bagatelldiebstähle Grund für eine fristlose Kündigung sein. Im Fall Dorkowski stehe das allerdings nicht im Verhältnis zu der langen Betriebszugehörigkeit, begründete das Gericht seine Entscheidung. 24 Jahre habe Dorkowski bei Westermann gearbeitet und darüber hinaus von sich aus zugegeben, den Belag probiert zu haben. Das ließe auf eine ehrliche Grundhaltung schließen. «Ab wann erlaubt die Betriebszugehörigkeit, in die Kasse zu greifen», kritisierte hingegen der Anwalt des beklagten Unternehmens, Rudolf Halstrick.

Gleiches Urteil, anderer Fall. Bei Lassak sei ausschlaggebend, dass der Bäcker Mitglied im Betriebsrat von Westermann war. «Es ist nur aus einem besonderen Grund möglich, Betriebsratsmitglieder zu kündigen», betonte Richter Guido Marek. Grundsätzlich müsse bei einer beabsichtigten Kündigung der Betriebsrat geladen werden und zustimmen. Dabei seien formale Fehler unterlaufen. Die Kündigung sei deswegen unwirksam. «Das war alles okay von den Fristen her», widersprach Halstrick und sagte, voraussichtlich Berufung einzulegen zu wollen.

«Ich habe eigentlich nicht damit gerechnet, dass es so ausgeht», sagte Lassak angesichts des Berliner Urteils. Hätte es allerdings im Fall Lassak keine formalen Fehler seitens der Bäckerei-Kette gegeben, «wäre das wieder ein offenes Rennen gewesen», sagte der Richter. Dann hätte das Gericht klären müssen, ob Lassaks Handeln als Bagatelldiebstahl zu werten und dies bei seiner relativ kurzen Angestelltendauer ein Kündigungsgrund gewesen wäre. Ob die beiden Bäcker nun wieder in den Betrieb zurückkehren werden, ließen sie am Dienstag noch offen.