Chance nutzen: Kurzarbeit für Weiterbildung nutzen

Kaiserslautern/München (dpa/tmn) – Kurzarbeit wird von Arbeitnehmern meist nicht als Glücksfall empfunden. Die Lohntüte wird schmaler, dazu kommt die Angst um den Arbeitsplatz.

Doch Kurzarbeit kann auch eine Chance zur Weiterbildung sein. Besonders gut eigne sich dafür Fernunterricht, sagt Burkhard Lehmann von der Arbeitsgemeinschaft für das Fernstudium an Hochschulen in Kaiserslautern. Denn die Arbeitnehmer müssten in der Regel weiterhin einige Tage pro Woche arbeiten und könnten sich deshalb nicht vollkommen auf einen Lehrgang im Präsenzunterricht konzentrieren.

Durch einen Fernlehrgang lasse sich die freie Zeit gezielt nutzen, um sich für Aufgaben nach der Krise zu wappnen – und um Eindruck beim Chef zu schinden. Das kann im Zweifelsfall den Job retten: Für mehr als drei Viertel der Personalentscheider spielt es im Fall von Stellenstreichungen eine wichtige bis äußerst wichtige Rolle, ob Mitarbeiter sich in Eigeninitiative weiterbilden. Fernunterricht halten mehr als zwei Drittel für sinnvoll, ergab eine repräsentative Online-Umfrage des Marktforschungsunternehmens TNS Infratest in München.

Fernkurse scheinen sich also zu lohnen, haben aber auch ihren Preis: Zwischen 300 und 1000 Euro müssten dafür pro Monat bezahlt werden, sagt Lehmann. Oft unterstütze aber der Arbeitgeber Fernunterricht als innerbetriebliche Weiterbildung. Und durch das Konjunkturpaket II haben die Unternehmen einen weiteren Anreiz: Für Kurzarbeiter, die an einer Weiterbildung teilnehmen, übernimmt die Agentur für Arbeit die Beiträge zur Sozialversicherung.

Auch vor der Wirtschaftskrise wurde Fernlernen in den vergangenen Jahren immer beliebter: Seit 2003 nahm die Zahl der Teilnehmer an einem staatlich anerkannten Fernlehrgang um 35 Prozent zu, so der Fachverband DistancE-Learning in Hamburg.

Für Kurzarbeiter seien besonders E-Learning-Kurse über das Internet attraktiv, sagt Lehmann. Die Inhalte werden dabei inzwischen so multimedial präsentiert, dass die Lernsituation der im Klassenzimmer nahekommt. «Das ist nicht mehr wie in grauer Vorzeit, als man Briefe mit Aufgaben und Lösungen hin- und herschickte.» Wer an einem E-Learning-Kurs teilnehmen will, benötige allerdings einen schnellen Internetanschluss.

Grundsätzlich haben Lernwillige die Wahl zwischen zwei Unterrichtsformen: Wer einfach nur eine Phase der Kurzarbeit überbrücken will, sei mit einem einzelnen Unterrichtsmodul über mehrere Wochen oder Monate gut beraten. «Damit lassen sich zum Beispiel EDV-Kenntnisse aufbessern oder Wissenslücken in neuen Managementtechniken schließen», sagt Lehmann.

Die zweite Form ist ein komplettes Fernstudium für Arbeitnehmer, die sich längerfristig weiterbilden und einen zusätzlichen akademischen Abschluss erwerben wollen. Ein komplettes Fernstudium zieht sich aber in der Regel über mehrere Jahre. In jedem Fall sei eine Weiterbildung im Fernunterricht eine Zusatzbelastung, die Durchhaltewillen voraussetzt, sagt Lehmann: «15 Stunden pro Woche muss man schon einrechnen.» Der individuelle zeitliche Aufwand hänge von Vorkenntnissen und der Lerngeschwindigkeit ab.

Die selbstständige Lernweise zu Hause erfordere außerdem ein gehöriges Maß an Motivation und Selbstdisziplin. Wer die Kontrolle durch einen persönlich anwesenden Lehrer wie in der Schule braucht, um sich zu motivieren, werde beim Fernlernen wahrscheinlich wenig Erfolg haben. Ganz ohne Präsenzunterricht geht es meistens auch mit der größten Selbstdisziplin nicht. Durchschnittlich bestehe ein Kurs aus 80 Prozent Fernlehre und 20 Prozent Unterricht im Klassenzimmer, sagt Lehmann. Vor allem Prüfungen erforderten nach wie vor, dass Lehrer und Schüler in Fleisch und Blut zusammentreffen.