Clownsschule hat gut Lachen in Zeiten der Krise

Konstanz (dpa) – Eine alte Zirkusweisheit besagt, der Clown, der mit seinen Späßen die Zuschauer zum Lachen bringt, sei selbst im Innersten tieftraurig. Auf Jenny Karpawitz und Udo Berenbrinker scheint dieses Klischee nicht zuzutreffen.

Oder zumindest merkt man ihnen keinerlei Traurigkeit an. Als professionelle Clowns und Clownlehrer bringen die beiden nicht nur andere zum Lachen, sie haben auch selbst allen Grund dazu. Denn ihre Clownakademie Tamala in Konstanz könnte besser nicht laufen. Bei der Gründung vor 26 Jahren war Tamala noch ein kleines Theaterstudio und «Clown-Sein» etwas für Jahrmärkte, aber kein Beruf ­ schon gar keiner, den man professionell erlernen konnte.

In der Hoffnung, mit Hilfe neuerer Theatermethoden, Elementen der Psychologie und Erkenntnissen der Humorforschung aus den USA das «Clown-Sein» auch in Deutschland professionell etablieren zu können, nannten sie ihre Akademie Tamala. Das ist in Sanskrit ein mythischer Baum, der als Symbol für Wachstum und Entwicklung steht. Der Nachfrage-Boom gibt ihnen recht. Gerade sind sie mit ihrer Akademie in größere Räume umgezogen, dennoch übersteigt die Nachfrage oft die Kapazitäten. «Die Finanzkrise hat sich auch bei uns ausgewirkt – und zwar positiv», sagt Berenbrinker und lacht. Während rundherum immer mehr Unternehmen und Branchen ins Schlingern geraten, steht im Schulsekretariat das Telefon nicht mehr still.

Denn die Tamala Akademie bietet nicht nur eine dreijährige Clownsausbildung für Theater und Bühne an, in der vor allem gelernte Schauspieler das Handwerkszeug der Comedy und Clownerie erlernen. «Zu uns kommen auch viele Menschen, die aus der unmenschlichen Logik der modernen Arbeitswelt, die nur nach Leistung und Gewinn fragt, ausbrechen wollen. Seit der Krise stellen wir eine veränderte Wertigkeit fest, den Wunsch nach einem menschlicheren Miteinander», sagt Berenbrinker.

In Seminaren wie «Clowneske Strategien für Beruf und Alltag» lernen Lehrer, Richter oder Manager, wie sie mit mehr heiterer Gelassenheit den Berufsalltag meistern und ihre Mitarbeiter oder Schüler führen. Denn Lachen löst Stress und Spannungen, Humor hilft, eigene und fremde Fehler zu akzeptieren. Karpawitz ist überzeugt: «Humor ist erlernbar, denn auch Komik funktioniert nach bestimmten Regeln und Strategien, und Humor-Ressourcen stecken in jedem von uns.»

Sie erklärt: «Die Humor- und Clownsbewegung und die Erkenntnisse über die positive Wirkung des Lachens kommen ja aus den USA und werden dort schon lange in den verschiedensten Bereichen wie der Arbeitswelt und vor allem auch im therapeutischen Bereich und in der Altenpflege angewandt.» Klinikclowns gehören in den Vereinigten Staaten längst zur Therapie. In Deutschland beginnen sich diese neuen Konzepte erst langsam durchzusetzen.

Das Tamala Center spielt dabei eine Art Vorreiterrolle und bietet eine Ausbildung zum Gesundheitsclown an, die in Europa einzigartig und vom europäischen Patentamt geschützt ist. Zwei Jahre dauert sie und bereitet speziell auf den Einsatz in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen vor. Denn gerade der Clown kann mit seiner Fähigkeit, auch den ernsten Seiten des Lebens eine paradoxe, komische Perspektive zu geben, zum Vermittler zwischen den Welten werden.

Doch für Clownsarbeit im Angesicht von Krankheit und Tod ist nicht jeder geeignet. «Wer diese Ausbildung machen möchte, muss als Voraussetzung vor allem eines mitbringen: Eine stabile, reife Persönlichkeit», betont Karpawitz. «Deshalb kommen alle Bewerber für unsere Ausbildungen erstmal in ein offenes Seminar, wo wir eben dies testen.» Denn Clownerie hat neben schauspielerischem und komischem Talent vor allem mit zweierlei zu tun: Sensibilität und persönlicher Stärke.