“Ein wunderbarer Beruf”: Erste Theaterschüler

Eine Traumrolle hat sie nicht. Aber: An jeder Rolle kann man etwas Interessantes finden, sagt Julia Riedel. Die 22-Jährige, die sich so bescheiden gibt, hat gerade ihren Traumberuf – Schauspielerin – erlernt.

Riedel gehört zu den ersten Absolventen der Theaterschule für Körper und Bildung in Frankfurt/Oder. Nach dreieinhalbjährigem Studium an der einzigen privaten Theaterschule in Brandenburg erhalten die fünf jungen Leute Ende März ihre Zeugnisse und sind dann staatlich anerkannte Schauspieler.

In den vergangenen Tagen waren sie in Inszenierungen im Theater Frankfurt zu sehen, etwa in Robert Guiskard von Heinrich von Kleist. An dem freien Theater hatte sich die Schule 1996 gegründet. Julia Riedel wollte schon immer etwas mit Kunst machen – auch als sie einen Ausbildungsplatz beim Stahlproduzenten ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) in der Tasche hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, im Büro zu sitzen. Kaum hatte sie von der Gründung der Schauspielschule gehört, ließ Riedel alles Übrige sausen.

Der Theaterleiter sieht die Absolventen gut gerüstet
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Riedel, die gern singt und musiziert, empfand das an der Schule stark betonte Körpertraining als Herausforderung. Vorher hatte ich kaum Sport gemacht, gibt sie zu. Durch das Studium habe sie eine vielfältige Ausbildung erhalten, konnte in viele Bereiche des Theaters hineinschnuppern. Riedel bleibt in der Stadt. Sie erhielt ein Engagement am Theater Frankfurt, zudem die Schule gehört.

Theater- und Schulleiter Frank Radüg sieht die Absolventen für den Markt gut vorbereitet. Ich gehe davon aus, dass sie sich behaupten werden – nicht nur in freien Gruppen, sondern auch an kommunalen Bühnen. Wichtig sei, dass sie nicht nur spielen, sondern Theater auch organisierten könnten. Wir bilden auch den Theatermacher aus.

Wichtig sei: klares Handwerk, klare Sprache, klare Ziele zu haben. Auf der Internetseite verweist die Schule Interessenten direkt an die Staatlichen Schauspielschulen, bevor sie sich an privaten Schulen bewerben. Und sie verspricht nichts – außer einer soliden Ausbildung, zugeschnitten auf individuelle Voraussetzungen der Studenten.

Es war ein Kampf und viel Arbeit

Auch Franz Friedrich hat das Studium geschafft und einen wunderbaren Beruf erlernt, wie er sagt. Der 24-jährige Leipziger wurde an anderen Schauspielschulen nicht genommen und landete so in der Oderstadt. Hier sei es preisgünstig gewesen, habe die Körperarbeit im Vordergrund gestanden, meint er. Dennoch: Es war ein Kampf und viel Arbeit. Er sei froh, das durchgezogen zu haben. Durchhaltevermögen, Kraft und Willen waren gefordert. Das macht die Vielfältigkeit der Schule aus.
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Reiten, Fechten, Gesang, Ballett, Szenenstudium – die gesamte Palette stand im Lehrplan. Friedrich will sich in Leipzig freien Gruppen anschließen. Zudem liebäugelt er mit Filmregie. Die Ausbildung hat mir neue Horizonte eröffnet.

Die Absolventen standen schon mit Profis auf der Bühne. An den Uckermärkischen Bühnen Schwedt spielten sie in der Inszenierung Die drei Musketiere mit. Sie sind hochmotiviert, wissbegierig und voll einsetzbar, sagt Regisseur Gösta Knothe. Sei seien körperlich gut ausgebildet. Wir haben gern mit ihnen gearbeitet, meint der Schauspieldirektor, der an staatlichen Schauspielschulen unterrichtet hat und die private Schauspielausbildung als kompliziertes Feld beschreibt. Dennoch habe ich mich zu dieser Zusammenarbeit entschlossen und es nicht bereut. Im Sommer sei die Inszenierung im Kloster Chorin zu sehen, die Absolventen dann als Profis dabei.