Eine Fremdsprache reicht oft nicht mehr

Hamburg (dpa/tmn) – Das Bewerbungsgespräch verlief erfreulich. Dann fragte Beate Ziegler, stellvertretende Personalchefin einer bundesweiten Handelskette in Hamburg, nach Sprachkenntnissen. «Selbstverständlich Englisch», antwortete der 26-jährige Außenhandelskaufmann.

«Und welche Sprachen noch?», wollte Ziegler wissen. Der Bewerber musste passen – und bekam den Job nicht. Ein Konkurrent, der auch Spanisch beherrscht, machte das Rennen.

«Sprachkompetente Mitarbeiter sind für Unternehmen heute unerlässlich, das hat eine Anzahl von Studien in den vergangenen Jahren gezeigt», erklärt Astrid Jaeger, Projektleiterin der jährlichen Fachkonferenz «Sprachen & Beruf» in Berlin. Sie zitiert eine aktuelle Marktanalyse, nach der ein Großteil der Firmen das Budget für Fremdsprachen- und Interkulturelle Trainings erhalten oder sogar erhöhen will.

Wer auf der Karriereleiter vorwärts kommen möchte, muss in unterschiedlichen Sprachen fit für Geschäftskontakte sein. «Bei gleicher Fachqualifikation haben Bewerber mit Sprachkenntnissen erheblich bessere Chancen», sagt Heinz Dieckmann von der Handelskammer in Hamburg. «Sie signalisieren dem Arbeitgeber die Bereitschaft, sich Kompliziertes anzueignen, sich zu engagieren. Sprachen zeigen aber auch interkulturelle Offenheit.» Auch Marco Bertoli, Deutschlandchef des Karriereportals Monster in Eschborn bei Frankfurt, betont die Bedeutung von Fremdsprachen: «Beherrscht ein Bewerber zusätzliche Sprachen fließend, kann er sich damit gegen einen anderen Bewerber mit ähnlichem Lebenslauf deutlich absetzen.»

Arbeitgeber erwarten bei Stellenausschreibungen, in denen Sprachkenntnisse gefordert werden, dass Bewerber entsprechende Zertifikate beilegen. «Ein Nachweis über Kenntnisse ist immer besser als die bloße Behauptung», sagt Dieckmann. Die entsprechenden Zeugnisse über Sprachprüfungen sollten bundesweit, besser noch europaweit anerkannt werden. Unumstritten sind vor allem die Europäischen Sprachenzertikifate TELC (The European Language Certificates). Sie bewerten die individuellen Sprachfähigkeiten wie Sprechen, Hörverstehen, Lesen und Schreiben nach einem international einheitlichen System.

Die wissenschaftlich fundierten Prüfungen nach dem TELC-System gibt es derzeit in neun europäischen Sprachen auf fünf Niveaustufen, mit quasi maßgeschneiderten Vorgaben. Die niedrigste Stufe A 1 setzt einfaches Verstehen voraus, C 1 verlangt schon ein nahezu perfektes Beherrschen in Wort und Schrift mit fließender Konversation und Fachvokabular. Die Sprachkenntnisse sollen bei allen in einer bestimmten Stufe Geprüften gleich sein. Ein Portugiese, der beispielsweise den Englisch-Test in B 1 besteht, steht auf dem gleichen Wissensstand wie ein Geprüfter in den Niederlanden.

«Zertifikate in Fremdsprachen werden in Deutschland vor allem in Englisch ausgegeben. Danach folgt Spanisch – mit steigender Tendenz», erläutert Mareike Wantia von der TELC in Frankfurt, einer Tochter des Deutschen Volkshochschulverbandes. Außerdem sind Französisch, Russisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Niederländisch, Dänisch und Türkisch im Angebot.

Viele weniger gängige Sprachen wie Chinesisch, die im Zeitalter der Globalisierung zunehmend wichtiger werden, erfordern einen hohen Lernaufwand. «Mit einer der üblichen Sprachschulen allein wird nicht der Standard erreicht, um im Geschäftsleben in China ernst genommen zu werden», sagt Melanie Ullrich, Projektleiterin bei der Handelskammer in Hamburg, aus Erfahrung. Dazu sei in der Regel ein Studium notwendig.

Die Bedeutung von Fremdsprachen zeigt sich auch daran, dass viele Schulen eine ganze Palette an Alternativen anbieten. «Wir wollen die Kinder schon in frühen Jahren damit vertraut machen und eine wichtige Grundlage für den späteren Beruf schaffen», sagt die Englischlehrerin Uta Will in Hamburg.

Als Informationsplattform dient die jährliche internationale Messe für Sprachen, die Expolingua Berlin (20. bis 22. November 2009). «Sie bietet ein umfangreiches Angebot zu insgesamt 60 Sprachen und richtet sich an Berufstätige, Schüler, Studenten und Auszubildende mit Interesse an sprachlicher Weiterbildung», sagt Astrid Jäger, «sowie an Lehrer, Dozenten, Dolmetscher, Übersetzer und alle anderen Sprach- und Kulturinteressierte.»