Einzigartig: TU lehrt Wissenschaftliches Tauchen

Freiberg (dpa) – Auf den Sprung ins wirkliche Meer müssen Studenten der TU Bergakademie im sächsischen Freiberb noch etwas warten. Erst Anfang September geht es wieder in den Süden zum wissenschaftlichen Tauchen.

Derzeit wird die Herbstexkursion zu den Äolischen Inseln in Italien vorbereitet. Seit über zehn Jahren bietet die Bergakademie als bundesweit einzige Hochschule als Wahlfach ein Modul Wissenschaftliches Tauchen an, das im Rahmen aller Studiengänge gebucht werden kann.

«Wir wissen sehr viel über die Erde, aber nur wenig darüber, was auf dem Meeresgrund geschieht», sagt Professor Broder Merkel, Leiter des wissenschaftlichen Tauchzentrums an der Bergakademie. Gerade in Tiefen von bis zu 40 Meter sei der Mensch – entsprechend ausgebildet und mit dem nötigen wissenschaftlichen Rüstzeug – als Erkunder bestens geeignet. Mit dem Ausbildungsangebot habe man eine Lücke geschlossen. Berufstaucher seien für diese Aufgaben zu spezialisiert und zu teuer, Hobby- und Freizeittauchern fehle es oft am Wissen über die Unterwasserwelt. Sie müssen physikalische und chemische Prozesse und ihre Abläufe unter Wasser kennen.

Spezialisierung für Sporttaucher

Wer teilnehmen will, muss Sporttaucher sein und eine entsprechende Ausbildung vorweisen. Die «Trockenübungen» – Vorlesungen zu Fauna und Flora unter Wasser und wissenschaftlichen Arbeiten im feuchten Nass – finden im Hörsaal statt. Der Praxistest mit Neoprenanzug, Tauchermaske und Druckluftflasche läuft im Freiberger Schwimmbad. Trainiert wird im etwa drei Meter tiefen Becken. «Dort wird dann simuliert, was die Studenten unter realen Bedingungen erwartet», sagt Geoökologin Mandy Schipek, eine von zwei Tauch-Ausbildern.

Praxistest in Italien

«Im Herbst sollen die Studenten zeigen, was sie gelernt haben: unter Wasser kommunizieren, Flächen vermessen und Proben nehmen», erläutert Professor Merkel. Das alles in Tiefen bis zu 30 Metern, bei Strömungen und unter verschiedenen Lichtverhältnissen. Dabei geht es um ökologische Fragen wie der Einfluss des Tourismus auf Pflanzen und Tierwelt. Auf Panarea, einer der Äolischen Inseln, werden Fakten gesammelt, die auf einen möglichen neuen Ausbruch der Vulkane der Region wie Stromboli und Vulkano deuten. Die Ergebnisse werden auch dem italienischen Institut für Geophysik und Vulkanologie zur Verfügung gestellt, das an einem Frühwarnsystem arbeitet. Die Freiberger Studenten ermitteln die Temperatur des Wassers in unterschiedlichen Tiefen, untersuchen den Austritt von Gasen und Thermalwasser und analysieren etwa die Kohlenstoffdioxid- und Schwefelwasserstoff-Konzentrationen.

Bedeutung der Ausbildung

Anfangs an der Uni belächelt und als preiswerte Tauchurlaube für Studenten in landschaftlich schönen Gegenden kritisiert, hat sich das wissenschaftliche Tauchen Anerkennung erworben. Mittlerweile kommen Interessenten aus allen Studienbereichen von Geo- bis Biowissenschaften, aber auch Maschinenbauer und Verfahrenstechniker. Auswärtige Bewerber sind als Gasthörer gern gesehen – Tauchschein vorausgesetzt. Zehn Prozent der etwa 15 Teilnehmer je Lehrgang bleiben auch nach dem Studium dem Wissenschaftlichen Tauchen verbunden. Einige beschäftigen sich als Wissenschaftliche Taucher im Umweltbereich, andere suchen als Unterwasserarchäologen versunkene Schätze.

Zum Abschluss Zertifikat

In Deutschland ist die Ausbildung von wissenschaftlichen Tauchern nicht gesetzlich geregelt. «Viele meinen, dass sie es können», sagt Professor Merkel. Das reiche aber nicht. Nach dem über zwei Semester laufenden Modul erhalten die Studenten eine Bestätigung der Hochschule und eine Lizenz vom Welttauchverband CMAS als wissenschaftlicher Taucher.