Elterneinfluss auf Schulleistungen überschätzt

Landau/Saarbrücken (dpa) – Der Einfluss der Eltern auf die Schulleistungen von Kindern wird nach Ansicht des Saarbrücker Psychologie-Professors Frank M. Spinath oft überschätzt. Wichtige Einflüsse seien auch Intelligenz, Motivation und Umwelteinflüsse.

Spinath untersucht derzeit in mehreren Forschungsprojekten die Auswirkungen verschiedener Faktoren auf die Leistungsfähigkeit von Kindern in der Schule. Dabei werden unter anderem Grundschulkinder in Deutschland und China befragt und ihre Leistungen unter die Lupe genommen.

Eine häufige Überbewertung des elterlichen Einflusses auf Schulleistungen legen nach Spinaths Worten zumindest entsprechende Untersuchungen von Zwillingen nahe. «Der Einfluss der Eltern ist weniger wichtig als man das in den letzten Jahren angenommen hat.» Bei den äußeren Faktoren hätten das Umfeld außerhalb der Familie und an der Schule größeren Einfluss als die Eltern. Spinath will die Erkenntnisse aus seinen Studien auch auf einer Tagung von Psychologen in Landau (28. bis 30. September) vorstellen.

Eine wichtige Rolle bei den Leistungen von Schülern spielen nach seinen Worten die Intelligenz und das Arbeitsgedächtnis eines Kindes, also die Fähigkeit, etwas gleichzeitig im Gedächtnis zu behalten und flexibel damit zu arbeiten. Außerdem hat es einen Einfluss, ob ein Kind seine Stärken erkennt und auf diese dann auch Wert legt und sie entsprechend einsetzt – also die Motivation. Und dann kommen dazu noch Umwelteinflüsse, die sich auf den Schüler auswirken – also etwa der Freundeskreis.

Bei Eltern wurden in den Untersuchungen verschiedene Verhaltensweisen unterschieden: So gebe es Mütter und Väter, die ihre Kinder in Schulangelegenheiten weitgehend in ihrer Autonomie unterstützten; es gebe Eltern, die ihre Kinder mit Druck und Belohnungen zu besseren Leistungen in der Schule animieren wollten (Kontrolle); und eine Mischform, die Ziele vorgebe, ohne dass es allerdings in Erpressung ausarte. «Die Variante Kontrolle ist kontraproduktiv und kann eher zu einer Überforderung der Kinder führen», fasste Spinath die Erkenntnisse zusammen. Die beiden anderen Varianten seien dagegen sinnvoller.

Einen Ansatzpunkt, um Leistungen zu verbessern, sieht Spinath im Erkennen individueller Stärken und Schwächen. So sei bekannt, dass wenige Schüler in Mathematik und Deutsch gleich gut seien. «Aber es gibt in jedem Fach bestimmte Dinge, die ein Schüler besser kann. Das Ziel muss es sein, diese Stärken zu erkennen und auch auf andere Fächer zu übertragen», sagte der Experte.