Fleiß ist nicht alles: Karriere geht oft anders

Jork/München (dpa/tmn) – Beruflich vorwärtskommen möchte fast jeder. Viele setzen den Hebel dabei aber an der falschen Stelle an und ackern sich vergeblich ab. Das hat auch damit zu tun, dass so schwer zu durchschauen ist, wie Karrieremachen funktioniert.

«Viele haben ganz falsche Vorstellungen», sagt der Coach Martin Wehrle aus Jork bei Hamburg. Die häufigsten Irrtümer im Überblick:

Nicht nur den Dienstweg nutzen: Wer Erfolg haben will, darf nicht auf den «Dienstweg» vertrauen, warnt Wehrle. Das fange schon bei der Bewerbung an. «Stellenausschreibungen sind oft eine Farce. In mindestens der Hälfte der Fälle ist die Entscheidung längst gefallen, wenn die Stellenanzeige veröffentlicht wird.»

Beförderungen kommen nicht von allein: Falsch ist auch die Vorstellung, ein Mitarbeiter erwerbe ein Anrecht auf eine Beförderung, weil er schon lange im Unternehmen ist. Tatsächlich ist es umgekehrt: «Wer in den ersten drei bis fünf Jahren nicht befördert wurde, wird es danach tendenziell eher auch nicht», sagt Wehrle.

Zweiter Bildungsweg ist kein Karriere-Hemmschuh: Dass der zweite Bildungsweg nur eine Karriere zweiter Klasse möglich macht, ist ein verbreitetes Klischee. In Wirklichkeit trifft das nach den Erfahrungen von Madeleine Leitner nicht zu: «Im Gegenteil, man zeigt, dass man belastbar und ehrgeizig ist», sagt die Diplom-Psychologin, die in München als Coach arbeitet.

Früher aufstehen bringt nichts: Fleiß ist nicht automatisch karrierefördernd: Es kommt darauf an, ob Vorgesetzte auch merken, wie viel jemand arbeitet. Merken sie das nicht, hilft aller Fleiß nichts. Wer konzentriert arbeitet, schon um 16.00 Uhr fertig ist und regelmäßig pünktlich geht, fällt eher unangenehm auf. «Wer bleibt, bis es dunkel wird, gilt als Held der Arbeit», sagt Leitner.

Sich zum Experten machen: Gut fürs Vorankommen ist auf jeden Fall, wenn klar erkennbar ist, welche Kompetenzen ein Mitarbeiter hat. «Man soll sich keine Maske überstülpen und etwas vortäuschen, aber man soll sich profilieren», empfiehlt Claudia Cornelsen, Expertin für Personality-PR in Hamburg. «Deshalb ist wichtig, sich frühzeitig bestimmte Themen unter den Nagel zu reißen.»

Betriebsklima nicht als Psycho-Kram abtun: Das Betriebsklima ist nicht nur eine psychologische Größe, wie viele meinen. «Auch Kunden oder Geschäftspartner bekommen das mit», sagt Martin Wehrle. «Das merkt man oft, sobald man die Firma betritt, egal ob das eine Arztpraxis ist oder ein Fachgeschäft.»

Nicht zu oft den Job wechseln: Regelmäßig die Stelle zu wechseln, gilt oft als Voraussetzung, um vorwärtszukommen. Das kann aber nach hinten losgehen: «Personalabteilungen sehen da genau hin», sagt Cornelsen. «Wenn ein Bewerber überall nur zwei Jahre geblieben ist, dann wissen sie, der ist hier in zwei Jahren auch wieder weg.»

Branchenkenner haben nicht immer Heimvorteil: Branchenwechsel sind keine Voraussetzung fürs berufliche Weiterkommen. Es gibt aber Unterschiede je nach angestrebter Position: «Im Marketing zum Beispiel ist das Fachwissen nicht branchenspezifisch», sagt Leitner. «Da wünschen sich Unternehmen oft von neuen Kollegen, dass sie frischen Wind mitbringen und auch aus einer anderen Branche kommen.»

Literatur: Martin Wehrle: Lexikon der Karriereirrtümer – Worauf es im Job wirklich kommt, Econ, ISBN-13: 978-3-430-20059-2, 16,90 Euro