Gehaltsverhandlungen: Frauen sollten offensiver sein

München (dpa/tmn) – Frauen sollten schon bei ihrem ersten Job nicht zu bescheiden um ihr Gehalt verhandeln – und gleich darauf achten, nicht weniger zu bekommen als männliche Kollegen. «Das holen sie sonst nie wieder auf.», sagt die Expertin Sabine Asgodom.

Junge Frauen seien sich aber oft ihres Wertes nicht bewusst und verspielten diese Chance. «Viele gehen an die Situation zu blauäugig ran», sagt Asgodom, die als Coach in München arbeitet. «Dabei würden ihre Forderungen wahrscheinlich erfüllt. Die Arbeitgeber sind schließlich nicht doof, sie sehen das Potenzial, das die Bewerberinnen haben.»

Viele Frauen verlangten aber nicht das Gehalt, das sie bekommen könnten. «Sie gehen mit der Einstellung daran &Ich freue mich auf die Arbeit, mir macht das Spaß& und geben sich damit zufrieden», sagte Asgodom. In dem Punkt könnten Frauen von Männern lernen: «Männer haben auch in dieser Hinsicht eine offensivere Einstellung. Sie wollen wissen, was drin ist, wenn sie über Geld reden.» Frauen haben nach Asgodoms Einschätzung nichts zu verlieren, wenn sie versuchen, das zu kopieren: «Man kann ja gucken, ob es funktioniert.»

Eine weitere Chance, die Frauen oft nicht nutzen, ist der Wechsel des Arbeitgebers: «Wer mehr verdienen möchte, sollte das tun. In der Regel ist damit ein höheres Gehalt verbunden.» Tatsächlich wechselten Frauen das Unternehmen jedoch seltener. «Sie sind oft mit ihrem Umfeld zufrieden.» Wenn sie wechseln, dann nach Beobachtung der Expertin häufiger auf der gleichen Hierarchieebene: «Frauen bewerben sich einfach nicht so oft nach oben. Auch dadurch vergeben sie die Chance, mehr Geld zu verdienen.» Oft nutzten sie nicht einmal die Chancen, die sich im eigenen Betrieb bieten: «Sie müssten sich nur melden und sagen &Ich will Teamleiterin werden&.»

Hinzu kommt, dass Frauen häufig bereit seien, mehr zu arbeiten, ohne dafür mehr Geld zu bekommen. Manche Frauen arbeiteten für drei und erhielten weniger Gehalt als ein Mann, der nicht halb so viel tut, sagte Asgodom. «Frauen fühlen sich mehr wert, wenn sie mehr arbeiten dürfen. Wenn der Chef fragt &Können Sie das nicht auch noch übernehmen?&, antworten sie sofort &Ja, gerne&.» Das liege zum Teil auch daran, dass sie oft schon über eine Beförderung so glücklich seien, dass sie dann nicht auch noch mehr Geld verlangten.

«Geld spielt für Frauen allerdings in der Regel auch eine geringere Rolle als für Männer», erklärte Asgodom. Entsprechend seien sie zu defensiv, wenn es darum geht, auf eigene Stärken hinzuweisen. «Männer sind darin einfach besser. Sie sitzen oft beim Chef und erzählen, dass sie gerade mal wieder ein Projekt gerettet haben.» Frauen dagegen verschwiegen ihre Leistungen eher – und würden deshalb auch als weniger leistungsstark wahrgenommen.

Hinzu komme, dass Frauen meist auch die schlechteren Netzwerker seien: «Sie nehmen sich viel weniger Zeit, um an ihrem Status zu arbeiten.» Männer dagegen pflegten am Abend beim Bier noch Kontakte und polierten am eigenen Image – was der Karriere nützen kann.

Bislang verdienen Frauen in Deutschland im Durchschnitt deutlich weniger als Männer. Bereits bei den Berufsanfängern gibt es einen «Gender Pay Gap» genannten Einkommensunterschied: Frauen mit drei Jahren Berufserfahrung bekommen im Schnitt 18,7 Prozent weniger Gehalt als ihre Kollegen, ermittelte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in einer am Donnerstag vorgestellten Studie.

Bis zum Alter von 34 Jahren werden es dann bereits 15,6 Prozent. Frauen zwischen 35 und 45 Jahren verdienen im Schnitt 21 Prozent und Frauen ab 46 Jahren sogar 23,8 Prozent weniger als Männer. Grundlage der Studie sind Daten, die das WSI seit 2004 online erhebt. Die Auswertung umfasste den Angaben zufolge 106 000 Datensätze.