Große Gefühle haben im Hörsaal wenig Platz

München/Bochum (dpa/tmn) – Die Studentin Babsi und der Professor Hanno Hackmann haben in dem Buch «Campus» von Dietrich Schwanitz vorgemacht, wie heikel eine Liaison zwischen Hochschülern und Dozenten sein kann.

Sie haben zunächst eine harmlose Affäre – bis er sich entschließt, sich von ihr zu trennen und daraufhin verdächtigt wird, sie vergewaltigt zu haben. So katastrophal müssen solche Beziehungen zwar nicht immer enden. Dennoch stehen der Liebe zum Professor viele Hürden im Weg.

Studenten blicken zum Professor oft auf – das macht ihn attraktiv, kann gleichzeitig aber schnell zum Problem werden, wenn es zwischen den beiden funkt. «Grundsätzlich handelt es sich immer um ein sogenanntes Abhängigkeitsverhältnis», sagt Petra Holler, Leiterin der Psychotherapeutischen Beratungsstelle des Studentenwerks München. Rein formal bewegen sich beide daher – auch wenn sie volljährig und erwachsen sind – nicht auf gleicher Augenhöhe. Denn der Professor hat die Aufgabe, Studenten zu bewerten – und hat sie oder ihn damit gewissermaßen in der Hand.

Das Ungleichgewicht bestehe aber nicht nur formal, sondern auch im Altersunterschied und im unterschiedlichen Erfahrungshintergrund, sagt Holler. Während der Professor bereits eine stabile berufliche Existenz hat, seien Studenten oft noch unsicher und auf der Suche, was sie angreifbarer und verletzbarer mache.

«Dieses Ungleichgewicht kann zum Problem werden, wenn die Beziehung auseinanderbricht und Verletzungen und Kränkungen zurückbleiben», warnt Holler. Schwierig ist es, wenn sich die Studentin vom Professor trennt und dann fürchtet, schlechte Noten zu bekommen. Das gleiche gilt aber auch andersherum: Macht der Professor Schluss, muss er die Rache der Studentin in Form von übler Nachrede fürchten, sagt Holler. Sie könne ihm etwa vorwerfen, er habe sie sexuell belästigt.

«Wenn sie sich gleich verständigen, dass sie sich mögen, aber das nicht für die Ewigkeit ist, ist das kein Problem», sagt der Psychologe Michael Egeri von der Universität Bochum. Das sei aber häufig für Männer einfacher als für Frauen.

Rechtlich müssen Lehrende und Studenten dagegen nicht unbedingt Konsequenz fürchten, wenn sie eine Beziehung eingehen. «Erlaubt ist bekanntlich, was nicht verboten ist», sagt der Rechtsanwalt Christian Birnbaum aus Köln. Es gebe keine gesetzliche Regelung, die eine solche Liebesbeziehung verbiete.

Hat ein Professor eine Beziehung mit einem Studenten, dürfe er diesen allerdings nicht mehr bewerten, sagt der Rechtsanwalt Christian-Dietrich Bracher aus Bonn. Schließlich besteht der Verdacht, dass ein Professor befangen ist, wenn er seine Angebetete prüfen soll. Dabei müsse sich der Professor eigenständig der Mitwirkung enthalten. «Geschieht dies nicht, so verletzt er seine dienstlichen Pflichten. Dies kann bei einem verbeamteten Professor zu einem Disziplinarverfahren führen.» Gibt der Professor Studenten eine ungerechtfertigt gute Note oder lässt sie vorher die Prüfung oder die Musterlösung einsehen, sei die Prüfungsentscheidung rechtswidrig, sagt Birnbaum. Das bedeute aber nicht, dass in solchen Fällen auch andere Studenten eine bessere Note verlangen können, wenn sie an der Prüfung beteiligt waren. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gebe es nämlich nicht.

Literatur: Dietrich Schwanitz, Der Campus, Goldmann Verlag, ISBN: 978-3442433490, 8 Euro.