Kita-Streik: Eltern dürfen zur Not im Job fehlen

Berlin/Bremen/ Stuttgart (dpa/tmn) – In vielen Kindertagesstätten wird derzeit gestreikt – wer davon betroffen ist, sollte zunächst nach Notdiensten fragen, bevor er auf eigene Faust eine andere Betreuung sucht.

«Vielerorts wird in den bestreikten Kommunen versucht, Ausweichplätze zu organisieren», sagte Uwe Zimmermann vom Deutschen Städte- und Gemeindebund in Berlin am Freitag (15. Mai). Auch gebe es in Streikregion oft noch einige Kitas, die weiterhin Kinder aufnehmen. Diese stünden dann auch Eltern offen, deren Kinder dort nicht angemeldet sind. Solche Ausweichplätze werde es allerdings nur begrenzt geben.

Wer sich erkundigen will, ob für sein Kind noch ein Ausweichplatz übrig ist, kann sich in einigen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und Hessen an die zentrale Behördennummer 115 wenden. «Dort wird er dann zur zuständigen Stelle vermittelt», erläutert Zimmermann. In anderen Regionen müssten Eltern sich an ihre jeweilige Stadtverwaltung wenden. In der Regel sei das Jugendamt dabei die richtige Anlaufstelle. Bei der eigenen Kita dürften Eltern nicht unbedingt hilfreiche Tipps zu Ausweichplätzen erwarten. «Wenn die gerade streiken, sind sie in dem Punkt wahrscheinlich nicht so auskunftsfreudig.»

Bei einem unbefristeten Streik in der Kindertagesstätte darf die Mutter oder der Vater aber auch notfalls vorübergehend bei der Arbeit fehlen. Das sagte der Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer aus Stuttgart. «Für wie lange, ist nicht genau geregelt – zwei bis drei Tage sind aber in der Regel zulässig», so Bauer. Nach Paragraf 616 im Bürgerlichen Gesetzbuch müssten Betroffene in dieser Zeit auch keine Lohnkürzungen fürchten.

Allerdings müssten berufstätige Eltern glaubhaft machen können, dass sie bei einem Streik keine Alternative hatten, als ihr Kind selbst zu Hause zu betreuen, sagte Bauer, der Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) in Berlin ist. Auch könne der Arbeitgeber einen Nachweis darüber verlangen, dass die Mitarbeiter der jeweiligen Kita während eines flächendeckenden Streiks auch tatsächlich die Arbeit niedergelegt haben.

«Außerdem kann nur ein Elternteil in so einer Situation freinehmen – das reicht ja zur Betreuung des Kindes aus», erläuterte Bauer. «Und wenn die Mutter oder der Vater eh zu Hause sind, kann der andere natürlich nicht auch noch wegen des Streiks der Arbeit fernbleiben.» Wird in der Kita länger als drei Tage lang gestreikt, seien weitere Fehltage der Eltern nicht ohne weiteres entschuldigt. «Vernünftigerweise redet man dann mit dem Chef und vereinbart, dass man Urlaub nimmt oder die Zeit nacharbeitet», sagte Bauer.

Eine anderer Lösungsweg lässt sich oft durch Absprachen mit dem Arbeitgeber finden. «Es wird in einigen Betrieben angeboten, die Kinder mit zur Arbeit zu bringen», sagte Henner Günther vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Bremen. Dort bleiben sie in der Regel allerdings nicht am Arbeitsplatz der Eltern, sondern werden im Betriebskindergarten oder einem alternativen Raum betreut.

Eine solche Lösung sei allerdings nicht für alle Eltern die erste Wahl. Manche bevorzugten, die Kinder zu Hause oder in der unmittelbaren Umgebung betreuen zu lassen. Nachbarn, Verwandte oder andere Eltern kommen dafür infrage. «Manchmal lassen sich Elterndienste organisieren, bei denen sich mehrere Eltern mit der Betreuung abwechseln», sagte Günther. Darüber hinaus seien aber auch individuelle Absprachen mit dem Arbeitgeber möglich, die die Kinderbetreuung durch die berufstätigen Eltern zumindest erleichtern.

Infrage kommt dafür zum Beispiel, Schichten zu tauschen oder die Arbeitszeit so zu legen, dass Mütter und Väter sich möglichst gut ergänzen. In vielen Betriebe sei denkbar, während des Streiks Eltern die Kinderbetreuung durch verstärkte Telearbeit zu ermöglichen. «Einige Unternehmen bieten das bereits an», sagte Günther. Welche Lösung am besten passt, sei allerdings immer eine Frage individueller Absprachen.

In mehreren Bundesländern haben am 15. Mai unbefristete Streiks in Kindertagesstätten begonnen. Am 18. und 19. Mai soll auch in Bayern, in Baden-Württemberg, in Niedersachsen und im Saarland gestreikt werden. Schwerpunkte seien hier München, Nürnberg, Stuttgart, Mannheim, Hannover und Saarbrücken. Die Gewerkschaften ver.di und Erziehung und Wissenschaft wollen damit einen tarifvertraglich geregelten Gesundheitsschutz durchsetzen. Laut ver.di-Tarifexperte Norbert Flach wird es während des Streiks Noteinrichtungen für betroffene Eltern geben.