«Mehr als gute Juristen» an der Bucerius Law School

Hamburg (dpa) – An Elitedenken sollen sich die Studenten gar nicht erst gewöhnen. «Das Wort &Elite& taucht bei uns nur einmal auf», sagt der Geschäftsführer der Bucerius Law School in Hamburg, Hariolf Wenzler.

Und zwar gleich in der Einführungswoche. «Ich bin Elite», bekommen die angehenden Juristen da zu hören – als einen der Irrtümer über die private Hochschule, wohlgemerkt. Lieber mag die Führungsriege das Wort «Exzellenz». Welches der beiden «E»-Wörter auch immer: Für die Studenten ist ein Abschluss an der Kaderschmiede eine Art Karrieregarantie. «Man kann gelassen mit der eigenen Zukunft umgehen», erzählt Präsident Prof. Karsten Schmidt.

Sorgen um einen Arbeitsplatz muss sich laut Schmidt keiner der Absolventen machen. «Sie können unter vielen Angeboten auswählen, die Kanzleien bemühen sich um sie.» Bis der hoch dotierte Job allerdings in der Tasche ist, müssen die Studenten «brennen», wie es an der Law School heißt. Für die Rechtswissenschaften sowieso. Aber auch für Allgemeinwissen. Weil bloße Fachkompetenz nicht ausreiche, sagt der Präsident, sollen die Studenten mit einem – verpflichtenden – «Studium generale» zu mehr als nur guten Juristen ausgebildet werden. Dabei stehen Geschichte und Philosophie auf dem Programm, Wirtschaft, Politik, Technik oder Kunst und Kultur. «Und ein bisschen pädagogische Erziehung darf schon sein», sagt Schmidt schmunzelnd.

Das Angebot – inklusive kleiner Seminargruppen, guter Ausstattung und einer rund um die Uhr geöffneten Bibliothek – kostet allerdings eine Stange Geld. Bis zum Ersten Staatsexamen summieren sich allein die Studiengebühren auf 39 600 Euro. Als Biotop für Kinder reicher Eltern will sich die Hochschule dennoch nicht verstanden wissen. «Die Zusammensetzung der Bewerber ist so bunt wie das Leben», sagt Wenzler. Und Schmidt betont: «Es ist keineswegs so ein Burberry- Klischee. Ganz wichtig ist ihnen die Heterogenität untereinander.»

Fest machen die beiden Chefs das unter anderem an den politischen Hochschulgruppen an der Bucerius Law School. Der konservative RCDS und die Jusos seien am stärksten vertreten, es gebe aber auch ein paar Grüne und Liberale und sogar eine kleine linke Hochschulgruppe. «Wir haben auch ganz viele Gerechtigkeitsfanatiker und Weltverbesserer hier», betont der Präsident.

Damit das Spektrum möglichst breit ist, sollen sich potenzielle Studenten «völlig losgelöst von finanziellen Vorstellungen» bewerben, erklärt Wenzler. Erst müssen sie das Auswahlverfahren mit Referat, Vortrag und Gruppendiskussion überstehen – und dann überlegen, wie sie das Studium finanzieren. Wer die Studiengebühren nicht berappen kann, kann einen Kredit oder ein Stipendium bekommen. Nach dem Berufsstart zahlen die Juristen das Darlehen zurück, verteilt auf zehn Jahre mit acht Prozent ihres Einkommens. «So wird niemand ausgeschlossen», meint der Geschäftsführer.

Seit neun Jahren büffeln nun die «Ausgewählten» in dem Gründerzeitgebäude, dessen Campus an angelsächsische Elite-Unis erinnert. Möglich wurde die Bucerius Law School durch einen großzügigen Gönner: Im Jahr 2000 rief die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius die private Hochschule für Rechtswissenschaften ins Leben. Insgesamt 87 staatlich anerkannte private Hochschulen gibt es laut Hochschulrektorenkonferenz (HRK) inzwischen in Deutschland.

Während die Privat-Uni im baden-württembergischen Bruchsal kürzlich spektakulär pleite ging und Witten-Herdecke immer wieder unter finanziellen Problemen ächzte, ist die Bucerius Law School mit einer «Ewigkeitsgarantie nach menschlichem Ermessen» (Schmidt) versehen. «Das hat die Stiftung der Stadt versprochen.» Derzeit zahlt die Stiftung laut Wenzler fast 60 Prozent des Etats, die Studenten steuern weniger als ein Viertel bei, die Sponsoren den Rest. Auf Dauer solle die Stiftung allerdings nicht den Löwenanteil zahlen, sagt Wenzler. «Ziel ist eine Drittellösung.» Eines sei allerdings klar: «Das, was wir machen, kann sich finanziell nie rechnen.»

Wissenschaftlich gesehen aber schon, ist Schmidt überzeugt. Der Präsident ist stolz auf die «akademische Anerkennung» der Law School. «Am Anfang war ein neugieriges Befremden da, das hat sich aber sehr geändert. Inzwischen haben wir Anerkennung weltweit.» In Rankings lande die Hochschule auf den obersten Plätzen, die Durchschnittsnote der Examen sei deutlich höher als an staatlichen Universitäten.

Also doch eine Art Elite? «Wir benutzen das Wort nicht. Aber dass es zu uns passt, das bestreiten wir nicht.» Die Studenten wüssten, «dass wir etwas zurückgeben müssen und leisten müssen», sagt die Vorsitzende der Studierendenvertretung, Lena Färber. «Aber wir bekommen schon gesagt: Tragt den Kopf nicht zu hoch.» Für Schmidt gehört zur Elite, «wer bereit ist zur Verantwortung». Daher würden die Studenten in viele Entscheidungen der Hochschule eingebunden: «Wenn die 68er unser Maß an Mitbestimmung erlebt hätten!