Mehr Doping am Arbeitsplatz als erwartet

Schwerin (dpa) – Mehr Menschen als von Medizinern vermutet dopen am Arbeitsplatz. Einer ersten bundesweiten Umfrage zufolge greifen zwei Prozent der Berufstätigen täglich oder mehrfach im Monat zu Medikamenten.

Sie tun es, um ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen, ohne dass eine medizinische Notwendigkeit besteht, teilte die Krankenkasse DAK in Schwerin mit. In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise seien das rund 15 000, sagte Katrin Krämer vom Berliner Forschungsinstitut IGES, das den DAK-Gesundheitsreport 2009 erstellte. Frauen würden mit Tabletten vor allem depressive Verstimmungen sowie Angst, Nervosität und Unruhe bekämpfen, Männer Müdigkeit und mangelnde Konzentration.

Dopen im Job würden häufig Führungskräfte, die schon hohe Leistungen bringen, um etwa die Stressresistenz zu erhöhen. Ärzte, Manager, Bankangestellte seien besonders gefährdet, sagte Krämer. Obwohl sie gesund seien, griffen sie häufig zu Medikamenten, die zur Therapie von Alzheimer, Depressionen, Aufmerksamkeits- oder Schlafstörungen zugelassen sind. Nur 14 Prozent der Mittel seien vom Arzt verschrieben, ein Drittel werde in der Apotheke gekauft, 20 Prozent stammten von Kollegen, Freunden oder Familienmitgliedern.

Die DAK-Landesgeschäftsführerin Regina Schulz warnte vor der Einnahme derartiger Medikamente. Kaffee und Zigaretten seien dagegen noch harmlose Wachmacher. Die Medikamente könnten negative Nebenwirkungen haben, die die zeitweiligen positiven Effekte schnell zunichtemachten. Stress könne man auch mit Sport und Entspannungstechniken bekämpfen. «Andere Wege zu gehen, das ist die Botschaft», sagte Schulz. Jeder Versicherte habe die Wahl, zur «Wunderpille» zu greifen oder Sport zu treiben und sich gesund zu ernähren. Krämer wandte ein, dass die gesellschaftliche Akzeptanz des Dopings am Arbeitsplatz möglicherweise steigen werde. Vor Jahren sei auch die Schönheitschirurgie noch ein Tabuthema gewesen.

Schon in der Umfrage hielt gut jeder Vierte die Einnahme von Medikamenten ohne medizinisches Erfordernis für vertretbar, um die geistige Leistungsfähigkeit im Job zu steigern. Knapp 20 Prozent akzeptierten Stimmungsaufheller, um beruflichen Stress und Konflikte am Arbeitsplatz besser auszuhalten. Die DAK befragte bundesweit rund 3000 Menschen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren.

Laut DAK lag der Krankenstand in Mecklenburg-Vorpommern im Vorjahr mit 3,9 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 3,3 Prozent. Mehr als die Hälfte der Krankentage (55 Prozent) entfielen auf Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, des Atmungssystems und auf Verletzungen. Psychische Erkrankungen hätten 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent stark zugenommen. Sie lägen auf Platz 5, kurz hinter Erkrankungen des Verdauungssystems.