Mit dem Meister an die Uni: Studieren ohne Abitur

Berlin (dpa/tmn) – Ohne Abitur war der Weg an die Hochschule bislang oft lang und schwierig. Das soll sich jetzt ändern. Die Kultusminister haben im März beschlossen, Meistern und anderen Fachkräften ohne Hochschulreife den Zugang zum Studium zu erleichtern.

Wer diese Neuregelung nutzen will, muss aber auch künftig genau prüfen, welche Fächer ihm offenstehen. Bisher gibt es kaum Studenten, die ohne entsprechenden Schulabschluss an die Hochschule kommen. «Derzeit haben nur 0,6 Prozent aller Neueinschreibungen an Universitäten kein Abitur», sagt Tiziana Zugaro, Sprecherin des Bundesbildungsministeriums in Berlin. An Fachhochschulen seien es 1,9 Prozent.

Damit belegt Deutschland im Vergleich mit 22 anderen EU-Staaten einen der hinteren Plätze, wenn es um Studenten ohne Abitur geht. Das geht aus dem «Europäischen Studentenreport» vom Hochschul-Informations-System (HIS) in Hannover hervor. Das schlechte Abschneiden hat vor allem eine Ursache: «Es gibt bislang keine flächendeckenden Regelungen», sagt Zugaro. So könnten die Hochschulen bei den Zusatzprüfungen beispielsweise schriftliche oder mündliche Wissenstests verlangen – oder beides zusammen.

Das Deutsche Studentenwerk (DSW) in Berlin hat dies seit längerem als «Flickenteppich» kritisiert. Das ist mittlerweile auch bei den Kultusministern angekommen. Beim Bildungsgipfel in Dresden im vergangenen Herbst wurde der Beschluss gefasst, künftig mehr Menschen ohne Abitur an die Unis zu lassen. Die Kultusministerkonferenz einigte sich dann im März auf bundesweit einheitliche Standards.

Meister, Techniker und Fachwirte können demnach künftig jedes Fach ihrer Wahl studieren. Berufstätige mit mindestens zweijähriger Ausbildung plus dreijähriger Berufspraxis erhalten ein fachgebundenes Zugangsrecht – ihr Studienfach muss ihrer beruflichen Fachrichtung entsprechen. Einige Länder planen noch liberalere Regeln: Rheinland-Pfalz zum Beispiel will die vorgeschriebene Phase der Berufspraxis auf zwei Jahre verkürzen. Wann diese Regelungen in den einzelnen Ländern umgesetzt werden, ist allerdings noch unklar.

Wer sich so weiterbilden will, muss sich über die damit verbundenen Veränderungen in seinem Leben klar sein. «Sie müssen ihre Finanzplanung komplett umstellen», sagt DSW-Sprecher Stefan Grob. «Einige haben dafür extra etwas angespart, von dem sie eine zeitlang leben können.» Wer als Meister einen Studienplatz ergattert, kann sich beim Bund aber um ein sogenanntes Aufstiegsstipendium bewerben.

Neben der Finanzierung ist das Studium aber auch eine geistige Herausforderung. «Es gibt zwar in jedem Job einen gewissen Lerndruck», sagt Grob. Beim Wechsel an die Uni müsse man sich aber auf Vorlesungen, Seminare und andere Lerngruppen einlassen. Das sei ein theorielastigeres Lernen als im Beruf.

«Hinzu kommt, dass man als Meister schon älter ist als die meisten anderen Studienanfänger», sagt Grob. Das erschwere es, Anschluss zu finden. Auch stellten Berufstätige, die an die Uni wechseln, eventuell andere Ansprüche an das Studium. «Jüngere Studenten genießen vielleicht eher die Freiheiten des Hochschullebens, während sich ältere meist mehr aufs Studium konzentrieren.»