Praktikum muss der Ausbildung dienen

Kiel (dpa/tmn) – Bei einem Praktikum steht der Ausbildungszweck im Vordergrund. Überwiegt die reine Arbeitsleistung, ist der Betreffende kein Praktikant, sondern normaler Arbeitnehmer – er muss dann auch als solcher vergütet werden.

Ein kleines «Praktikantengehalt» gilt dann als sittenwidrig, entschied das Arbeitsgericht Kiel in einem Urteil (Aktenzeichen: 4 Ca 1187d/08), auf das die Arbeitsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweisen.

In dem Fall schloss ein Mann nach einer berufsvorbereitenden Maßnahme in einem Altenheim mit dem Betreiber eine als «Praktikantenvertrag» bezeichnete Vereinbarung. Die Laufzeit betrug ein knappes Jahr, die wöchentliche Arbeitszeit 38,5 Stunden, die monatliche Vergütung 200 Euro. Ergänzend unterschrieben beide eine Stellenbeschreibung für Wohnbereichshelfer. Der Arbeitgeber stellte für die Zeit nach dem Praktikum eine 18-monatige Ausbildung zum Altenpflegehelfer in Aussicht, hielt sich dann aber nicht daran.

Der Mann klagte auf die übliche Vergütung eines Wohnbereichshelfers rückwirkend für die Dauer seines Praktikums – insgesamt rund 10 300 Euro. Die Richter gaben ihm Recht: Sie betrachteten das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis. Nicht auf die Bezeichnung «Praktikantenvertrag» komme es an, sondern auf die tatsächlich geleistete Arbeit. De facto sei der Mann als Arbeitnehmer in dem Betrieb beschäftigt gewesen. Die Richter störten sich auch an dem Missverhältnis zwischen der Dauer des 17-monatigen Praktikums und der 18-monatigen Ausbildung. Vor diesem Hintergrund sei eine monatliche Vergütung von 200 Euro sittenwidrig und Lohnwucher.