Rechtsextremismus richtig erkennen

In ihrem Alltag werden sie häufig mit rechtem Gedankengut oder rechtsextremistisch motivierten Straftaten konfrontiert.

Doch wie gut vorbereitet sind Polizisten und Lehrer auf derartige Situationen? Beim Blick auf die derzeitige Aus- und Weiterbildungssituation deutet sich vor allem bei den Polizeibeamten ein durchwachsenes Bild an, wenn es um die Sensibilisierung gegenüber rechten Straftaten geht.

Rechtsradikale und ihr Gedankengut sind immer schwerer zu erkennen, sagt etwa der Sprecher der Mobilen Beratung in Thüringen – für Demokratie gegen Rechtsextremismus (Mobit), Stefan Heerdegen. Wir haben nicht den Eindruck, dass alle Polizisten ausreichend auf die Erscheinungsformen der Neuen Rechten vorbereitet sind.

Die Mobit-Mitarbeiter seien seit Jahren unter anderem damit beschäftigt, mit den alten Klischees über Glatzköpfe und Bomberjacken aufzuräumen. Diese Erkennungsmerkmale gehören der Vergangenheit an, sagt Heerdegen. Rechtsextremisten seien stets bemüht, sich einen seriösen Anstrich zu geben. Mit immer neuen Strategien versuchen sie, sich in der Gesellschaft zu verankern – wie etwa durch die Unterwanderung von Vereinen oder die Veranstaltung scheinbar harmloser Feste.

Mangelndes Wissen kann zu Fehleinschätzungen führen

Anwärter für den mittleren Polizeidienst im Freistaat werden derzeit laut Innenministerium in zwölf Übungseinheiten im Thema Rechtsextremismus geschult. Im Polizei-Studium sind es 95 Einheiten, die sich allerdings sehr umfassend mit Extremismus, Terrorismus, Menschenwürde und Ausländerfeindlichkeit beschäftigen. Das Erkennen von Rechtsextremisten werde durch Planspiele geübt, die vor allem auf Einsatzerfahrungen beruhten, sagt Ministeriumssprecher Stephan Hövelmans.

Das sei zu wenig, kritisiert Mobit-Experte Heerdegen. Embleme und Strategien der Neuen Rechten seien vielen Beamten unbekannt. So würden Gruppen wie die Autonomen Nationalisten, die rein optisch den Linksautonomen ähnelten, häufig dem falschen politischen Spektrum zugeordnet. Auch die Existenz der Beratungsstelle Mobit sei vielen Einsatzkräften kein Begriff.

Zwar lobt das Innenministerium die vielfältige Zusammenarbeit zwischen Polizei und lokalen Bündnissen gegen Rechtsextremismus. Doch ausgerechnet bei Mobit, einer der profiliertesten Beratungsstellen im Land, ist dieses Interesse noch nicht angekommen. Es habe noch keine offizielle Anfrage der Polizei bei Mobit gegeben, sagt Heerdegen.

Zwar gebe es durchaus Polizisten, die Beratungsangebote nutzten. Doch diese Beamten machten das nur aus Eigeninitiative. Überhaupt sei eine Weiterbildung auf diesem Gebiet sehr stark vom eigenen Engagement der Beamten abhängig. Einer Ankündigung von Polizei-Oberen im Jahr 2007, bei der Weiterbildung von Polizisten auf die Dienste der Experten von Mobit zurückgreifen zu wollen, seinen bisher ebenfalls keine Taten gefolgt, sagt Heerdegen.

Zahlreiche Kurse für Lehrer angeboten

Dass es auch anderes geht, zeigt die Lehreraus- und weiterbildung. Jährlich werden vom Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (Thillm) mehr als 100 Veranstaltungen angeboten, die das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten, sagt Thillm-Sprecher Rigobert Möllers. Das Interesse variiere. Ähnlich wie an den Universitäten werde Rechtsextremismus in Ausbildungsfächern wie Ethik, Demokratiepädagogik, Geschichte oder politische Bildung aufgegriffen. In Projekten beispielsweise würden Lehrer gefilmt und im Anschluss mit ihren eigenen Vorteilen konfrontiert.

Ebenso wichtig sei es jedoch, die Wirksamkeit der Kurse zu überprüfen, sagt Möllers. Dafür müssten vom Berufsanfänger bis zum Schulleiter alle Mitarbeiter an einer Schule eingebunden werden. Ein Ziel, dass in Thüringer Schulen in den kommenden Jahren noch stärker in den Fokus genommen werden müsse. Nur so könne sichergestellt werden, dass der Einzelne im Alltag auf auftretende Erscheinungsformen des Rechtsextremismus angemessen reagieren könne.

Weitere Informationen: Ausbildung – Wie werde ich Polizistin?