Restwaren aus Betrieb mitnehmen: Vorher Chef fragen

Stuttgart/Heilbronn (dpa/tmn) – Ein aktueller Prozess um den angeblichen Diebstahl von drei Brötchen macht es wieder deutlich: Beschäftigte fragen besser immer ihren Chef, bevor sie übrige Lebensmittel oder alte Bürosachen aus dem Betrieb mitnehmen.

Stecken sie solche Dinge ohne Erlaubnis ein, drohe ihnen eine fristlose Kündigung, sagte der Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer. «Was zum Beispiel in einem Fischgeschäft am Ende des Tages mit dem nicht verkauften Fisch passiert, entscheidet der Arbeitgeber.» Solange er die Reste nicht wegwirft oder an seine Mitarbeiter verschenkt, bleiben sie Eigentum des Betriebs. «Und wer sich dann einfach bedient, begeht Diebstahl.»

Ein derartiger Fall lag am Freitag (24.7.) dem Arbeitsgericht Heilbronn vor: Eine Frau war entlassen worden, weil sie drei Brötchen gestohlen haben soll. Sie arbeitete über 20 Jahre in der Küche eines Krankenhauses, als ihr Arbeitgeber bei der Kontrolle ihres Spinds die Brötchen entdeckte. Der Prozess endete mit einem Vergleich, bei dem die Kündigung bestehen blieb.

Auch solche Kleinigkeiten mitzunehmen, kann Bauer zufolge eine Entlassung rechtfertigen. Denn entscheidend sei nicht der Wert der Ware, sondern der Vertrauensverlust, erläuterte das Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein in Berlin. «Und wer drei Brötchen klaut, dem traut man auch zu, dass er vielleicht mal in die Betriebskasse greift.»

Es sei daher auch unerheblich, ob Mitarbeiter ein paar alte Brötchen oder einen neuwertigen Büro-Computer einstecken. «Hier gilt der Grundsatz: Diebstahl ist Diebstahl», erklärte Bauer. Mitarbeiter dürfen daher auch ausrangierte Bürostühle nicht einfach mitnehmen – selbst wenn sie ihnen wertlos erscheinen. Anders sehe die Sache erst aus, wenn der Stuhl bereits in der Mülltonne auf dem Hof des Betriebs liegt. «Dann könnte ihn ja genauso gut ein Landstreicher mitnehmen.»

Ob eine Kündigung in solchen Fällen zulässig ist, hänge aber von den Umständen ab, führte Bauer aus. Dabei spiele zum Beispiel die Betriebszugehörigkeit des Betroffenen eine Rolle. «Wer sich also 20 Jahre lang nichts zuschulden kommen lässt, kann wegen so einer Sache nicht so leicht gekündigt werden wie einer, der erst seit zwei Jahren dabei ist. Bei dem heißt es dann: Wehret den Anfängen.»