Schon drohende Arbeitslosigkeit belastet sehr

Nürnberg (dpa/tmn) – Schon drohende Arbeitslosigkeit wird oft als extrem unangenehm erlebt. Gerade die Unsicherheit, nicht zu wissen, wie es weitergeht, sei dabei belastend, sagte Nathalie Galais von der Universität Erlangen-Nürnberg.

«Das Warten und gleichzeitige Nicht-Wissen ist für viele kaum auszuhalten», so die Expertin. Den Beteuerungen der Unternehmensführung, die Arbeitsplätze seien sicher, werde dann oft kein Glauben geschenkt. «Arbeitnehmer, deren Stelle bedroht ist, sind dann sehr misstrauisch», sagte Galais. «Das Vertrauen in solche Bekundungen ist nicht mehr da.»

Der Wunsch, diese Unsicherheit solle vorbei sein, sei in solchen Situationen oft so groß, dass manche betroffene Mitarbeiter die Kündigung geradezu herbeiwünschten. Führungskräfte können Kündigungen zwar oft nicht verhindern, aber sie können dazu beitragen, dass die Unsicherheit nicht Überhand nimmt: «Eine ehrliche, klare Strategie ist dann besonders wichtig», sagte Galais. «Und Glaubwürdigkeit zählt in solchen Situationen mehr denn je.»

Eine Kündigung werde zwar häufig wie ein Schock erlebt. Doch gerade wenn – wie derzeit in der Wirtschaftskrise – vielen Mitarbeitern gleichzeitig gekündigt wird, sei das für den einzelnen leichter zu verkraften. «Es geht nicht so stark ans Selbstwertgefühl, als wenn ein einzelner die Kündigung bekommt.» Diejenigen, die es trifft, fühlten sich weniger als Versager. Die psychischen Folgen der Arbeitslosigkeit seien mittelfristig allerdings die gleichen.

«Alle, die arbeitslos werden, leiden darunter», sagte Galais. «Viele widmen sich ihren Hobbys weniger, werden lethargisch, manche bekommen sogar depressive Verstimmungen.» Auch wenn sich gekündigte Kollegen zunächst treffen und sich austauschen, lasse das Interesse daran doch meistens nach einiger Zeit nach. Sich über die gemeinsame Arbeitslosigkeit zu unterhalten, kann einerseits helfen, mit der Situation fertig zu werden. «Es kann einen aber auch runterziehen.»

Vor allem Mitarbeiter, die schon sehr lange im Unternehmen beschäftigt waren, empfinden die Kündigung oft als Unrecht. «Sie fühlen sich vom Arbeitgeber verraten. Das kann sehr lange an ihnen nagen.» Verdrängen lassen sich solche Gefühle kaum: «Man muss sich zugestehen, dass man sie hat.» Es gebe allerdings auch Fälle, wo einzelne an der Erfahrung, arbeitslos zu sein, zerbrechen. «Manche fallen richtig in ein Loch», so die Psychologin. «Das gilt gerade für diejenigen, die sich mit ihrem Beruf besonders identifiziert haben.»

Den Job zu verlieren, sei wie eine Trennung vom Partner. Beides sei schmerzhaft. Eine Folge könne Misstrauen gegenüber allen möglichen neuen Partnern sein. Auch der gekündigte Arbeitnehmer hat unter Umständen den Eindruck, keinem Arbeitgeber mehr trauen zu können. Hilfreich kann sein, sich nicht solchen negativen Stimmungen zu überlassen, sondern aktiv zu werden: «Es ist auf jeden Fall besser, schnell damit zu starten, neue Bewerbungen zu verschicken.»