Schwere Zeiten im Café Pause

Im Café Pause sitzen drei Bauarbeiter bei Morgenkaffee und Zeitung.

In der gläsernen Theke liegen appetitlich angerichtete belegte Brötchen. Vor der Tür aktualisiert eine Mitarbeiterin die Tageskarte für den Mittagstisch. Käsespätzle und Beefsteak werden zu verträglichen Preisen angeboten. Das Café, das sich unweit des Dresdner Arbeitsamtes befindet, ist für hungrige Besucher gewappnet.

Wer hier isst, sieht zunächst nicht, dass es sich um eine besondere Einrichtung handelt. Die Männer und Frauen, die in der Küche arbeiten, bedienen und kassieren, sind Menschen mit psychischen Erkrankungen. Sie wären den Anforderungen eines normalen Arbeitsalltags nicht gewachsen, sagt Hubertus Schreiber, Projektleiter des vom Chemnitzer Träger CoWerk gGmbH betriebenen Cafés. Dort werden sie dagegen intensiv betreut und können deshalb bis zu 15 Stunden in der Woche arbeiten. Der Kreislauf von Krankheit, Klinik und Reha, in dem viele Kranke steckten, könne so durchbrochen werden, sagt Schreiber.

Der Freistaat Sachsen hat diesen Effekt wie auch andere Bundesländer anerkannt und fördert die sogenannten Zuverdienstfirmen, zu denen neben dem Dresdner Café auch eine Gärtnerei, Kantinen und Hausmeisterfirmen gehören. Sie erhalten, seit 2007 landesweit geregelt, vom Sozialministerium Zuschüsse, die den zusätzlichen Aufwand für die Betreuung decken sollen. Abgesehen davon, sagt Schreiber, agieren wir am Markt: Die Preise für Kaffee und Mittagessen sind nicht gestützt.

Der Ansatz findet viel Lob: Kranke Menschen würden zur Teilhabe befähigt, hieß es 2009 in einer Studie der Freudenberg-Stiftung, und zwar nicht in Sondereinrichtungen, sondern mitten im normalen Arbeitsleben.

Land hat Fördermittel um 40 Prozent gekürzt

In Sachsen ist die Euphorie allerdings weitgehend gewichen. Seit drei Jahren gehen die Zuschüsse stark zurück. War die Fördersumme bis 2009 auf 352.000 Euro gestiegen, so erhalten die zehn Zuverdienstfirmen im laufenden Jahr insgesamt nur noch 217.000 Euro – eine Kürzung von 40 Prozent.

Als Folge gingen zunehmend Stellen verloren, warnt Lisa Ruffert, Vorstandschefin der LAG Integrationsfirmen. Einzelne Träger müssten sich von Angeboten für psychisch Kranke völlig verabschieden, weil die Fördergelder nicht mehr reichten, um wie bisher rund 30 Prozent der Kosten zu decken. Das Zwickauer Hilfe Zentrum, das Ruffert leitet, beschäftigt nur noch 13 statt 40 Zuverdiener. Im Café Pause spricht Schreiber von einem Sterben auf Raten. Obwohl er viele Bewerbungen erhalte, könne er niemanden mehr einstellen.

Verwundert sind die Träger über die Vernachlässigung durch das Land nicht zuletzt, weil der Freistaat sich eigentlich eine bessere Integration von Behinderten auf die Fahnen geschrieben hat. 2010 wurde eine Allianz Arbeit + Behinderung ins Leben gerufen. Christine Clauß, die CDU-Sozialministerin, appelliert an Firmen, mehr Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen einzustellen. Zuverdienstfirmen spielten in der Allianz aber keine Rolle, sagt Andreas Oschika, Referent beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. Dabei gehörten auch psychisch Kranke zur Zielgruppe – auch wenn sich viele der Menschen scheuten, sich formal als schwerbehindert anerkennen zu lassen.

Beteiligung der Kommunen wird geprüft

Das Land lässt offen, in welcher Form die Zuverdienstfirmen künftig gefördert werden. Zwar wird den Einrichtungen von Sozialministerium bescheinigt, sie böten die Möglichkeit behinderungsgerechter Arbeit und sinnvoller Beschäftigung. Eine Evaluation soll derzeit klären, ob die Angebote in ihrer bisherigen Form weiter betrieben und finanziert werden oder ob es andere Möglichkeiten der beruflichen Rehabilitation gibt, sagt Sprecher Jürgen Vogels. Geprüft werde auch, ob die Finanzierung breiter verteilt werden könne. Vor allem die Kommunen werden als potenzielle Kostenträger genannt.

Bei den Trägern beobachtet man derartige Pläne mit Skepsis. Wie Hubertus Schreiber im Café Pause glaubt, ist zu befürchten, dass dann nur noch einige Projekte weitergeführt werden, die Mehrzahl aber unter Verweis auf leere kommunale Kassen beendet wird.