«Startup-Weekend»: In 48 Stunden zum Chef

Nürnberg (dpa) ­ Es gibt viele Möglichkeiten, sein Wochenende zu verbringen: Die einen fahren in die Berge, die anderen genießen lieber die Ruhe auf dem heimischen Sofa.

Ganz andere wiederum gründen bei einem sogenannten «Startup-Weekend» mal eben ein Unternehmen. Dort gilt es – wie unlängst bei einem solchen Gründerseminar in Nürnberg – in nur zwei Tagen, Geschäftsideen zu finden, Businesspläne auszutüfteln, Webseiten zu erstellen und erste Prototypen zu bauen. Während in den USA pro Jahr über 200 solcher «Startup-Weekends» stattfinden, war es in Deutschland erst das dritte. 105 potenzielle Jungunternehmer aus ganz Deutschland nahmen daran teil.

Während einer davon träumt, mit dem Verkauf von Leitungswasser reich zu werden und damit gleichzeitig soziale Projekte zu unterstützen, will ein anderer mit neuartigen Computertechniken die reale Welt mit Figuren und Bildern aus dem Computer beleben. Viele Geschäftsideen sind internetbasiert, wollen sich Social Networks und Communities im World Wide Web zunutze machen. Je abgefahrener dabei die Idee ­ desto lauter ist zum Auftakt des Treffens der Applaus. Ausgebuht wird bei der Nürnberger Veranstaltung jedoch niemand.

Die Veranstalter wollen gerade während der Wirtschaftskrise Existenzgründern Mut machen: «Wer jetzt mit frischen Ideen startet oder einfach nur antizyklisch handelt, hat die Chance, grundlegende Veränderungen mitzugestalten und zur richtigen Zeit dabei zu sein, wenn sich die Stimmung wieder zum Positiven dreht», sagt der Organisator des «Startup-Weekends», Stefan Probst. Ziel der Veranstaltung sei es dabei nicht, möglichst viele Unternehmen zu gründen, sondern Menschen mit ganz unterschiedlichen Ideen und Fähigkeiten an einen Tisch zu bringen.

Und tatsächlich kommt beim sogenannten «Socialising» in Nürnberg – einer Art informellen Zusammenseins – der Medienphilosoph mit dem Informatiker ins Gespräch, der Rechtsanwalt mit der Pädagogin. Da wird diskutiert und philosophiert, Ideen werden belächelt und bewundert, erste Konzepte entwickelt und wieder verworfen. Am Tag darauf muss sich jeder entscheiden, welche Gründeridee er unterstützen möchte, mit welchen Menschen er schließlich das Wochenende verbringen will.

Viele der Teilnehmer sind berufstätig, manche haben bereits ein eigenes Unternehmen. Beim «Startup-Weekend» suchen sie eine neue Herausforderung. Zu ihnen gehört auch Tobias Burkhardt, der sich erst vor kurzem mit einem eigenen Modelabel selbstständig gemacht hat. Das Vorhaben seines Teams: Leitungswasser «sexy und sozial» zu machen. Ein Marketingpaket für Gaststätten wollen die Jungunternehmer für die exklusiven «Clarawasser»-Flaschen entwickeln.

48 Stunden später, nach durchgearbeiteten Nächten und stark angestiegenem Kaffeekonsum ­ die Stunde der Entscheidung. Zwei der sieben Teams, die sich in Nürnberg gefunden haben, wagen sich noch am Abend an die Gründung.

Einer von ihnen ist Marcus Schiesser. Zusammen mit den vier Anteilseignern seiner frisch gegründeten Gesellschaft will er Kommunikations-Plattformen im Internet aufbauen. Dort sollen sich Menschen zusammenfinden können, um lokale Probleme in ihrer Stadt oder ihrem Dorf gemeinsam zu lösen. «Eigentlich wollte ich nur als Zuschauer vorbeikommen, nun gehe ich als Geschäftsführer einer sozialen Organisation», sagt der Informatiker begeistert und unterschreibt im Beisein eines Notars die Gründungsurkunden der NextDoorAngels UG & Co. KG.

«Wir hoffen, wir haben vielen von euch die Berührungsangst vor dem Gründen etwas nehmen können oder zumindest in ein neues Licht gerückt», sagt Probst nach dem «Startup-Weekend» und verspricht 2010 in die zweite Runde zu gehen. Spannend bleibt bis dahin, was aus den 2009 gegründeten Unternehmen wird. Doch es sieht gut aus: Auf Onlineplattformen wie Twitter und Facebook haben «NextDoorAngels» und «Gründersprung» bereits nach wenigen Tagen zahlreiche Fans gefunden.