Studienwahl: Auf Schwerpunkte der Hochschule achten

Hannover (dpa/tmn) – So mancher Schulabgänger dürfte ratlos bleiben, wenn er sich derzeit nach einem passenden Studienfach für den kommenden Herbst umschaut. Denn in Studienführern tauchen immer öfter Fächernamen wie «Life Science» oder «Applied Computer Science» auf.

Darunter kann sich aber nicht jeder gleich etwas vorstellen. Grund dafür ist zum einen die Umstellung auf die neuen Abschlüsse Bachelor und Master, in deren Zuge sich Studiengänge zunehmend spezialisieren. Und weil die Hochschulen auch noch verstärkt eigene Schwerpunkte in ihren Fächern setzen, wird für Bewerber die Suche nach dem passenden Fach noch undurchsichtiger.

Angehende Studenten müssen daher genau hingucken, in welcher Form ein Fach an einer Hochschule angeboten wird. «Die Hochschulen sind heute stärker als früher dazu gezwungen, eigene Schwerpunkte zu setzen», sagte Prof. Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), auf der Bildungsmesse Didacta (10. bis 14. Februar) in Hannover. «Früher galt der Grundsatz, dass man unabhängig davon, ob man in Passau oder Kiel studiert, in etwa das Gleiche lernt. Das gilt heute nicht mehr.»

Studienbewerber sollten sich daher an Ort und Stelle ein Bild davon machen, wie die Bedingungen an einer Hochschule sind, riet Wintermantel. «Dabei fragt man am besten auch gleich Studenten von der Hochschule.» Denn an den Hochschulen in Deutschland sei eine «zunehmende Geschwindigkeit der Differenzierung» zu beobachten. Prägte früher vor allem die Einteilung in Fachhochschulen und Universitäten die Hochschullandschaft, sei vor dem Hintergrund der Förderregeln in der Forschung jetzt eine noch weitere Ausdifferenzierung gefragt. Eine Volluniversität klassischer Prägung werde es künftig daher seltener geben.

Außerdem sei durch die Umstellung der Abschlüsse auf Bachelor und Master die Bandbreite der Studienfächer gewachsen. Statt Jura gibt es heute zum Beispiel Fächer wie «Business Law» oder «Comparative and European Law». «Da muss man sich also genau fragen, was zu einem passt», sagte Wintermantel. Dass immer mehr Fächer solche neumodischen Namen tragen, sei für Schulabgänger aber oft verwirrend, sagte Bernd Rebischke von der Bundesagentur für Arbeit auf der Messe. «Da fragt man sich natürlich: Was steckt da wohl drin?»

Studienbewerber sollten sich zudem informieren, wie die Umstellung auf den Bachelor an der jeweiligen Hochschule umgesetzt wurde, rät Ulrich Thöne, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Denn viele Studenten klagen oft darüber, dass die Lehrpläne in den neuen Studiengängen zu voll seien. Wer etwa ein Auslandssemester einlegen möchte, sollte daher Thöne zufolge im Vorfeld klären, ob sich das in einem Bachelorstudium noch unterbringen lässt.

Mit der Ausdifferenzierung wächst außerdem auch die Gesamtzahl des Studienangebots. «Das ist inzwischen eine geradezu irrsinnige Angebotspalette», sagte Rebischke. «Und die große Auswahl macht es Schulabgängern nicht gerade leichter, einen Überblick zu bekommen.» So gab es nach HRK-Angaben an deutschen Hochschulen zum Wintersemester 2008/2009 rund 12 300 Studiengänge – knapp 11 Prozent mehr als vier Jahre zuvor. Zudem ist das Angebot der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge allein seit dem Sommersemester 2008 um 21 Prozent gewachsen. Insgesamt sind drei Viertel der Studienangebote mittlerweile auf einen der beiden Abschlüsse umgestellt.

Die zunehmende Spezialisierung stellt laut Rebischke viele vor Probleme – denn die Entscheidung zwischen zwei ähnlich klingenden Studienfächern kann den ganzen Berufsweg prägen: «Einem Volljuristen mit Staatsexamen stehen ganz andere Laufbahnen offen als zum Beispiel einem Wirtschaftsjuristen mit einem Bachelor.»

Generell sei zwar von spezialisierten Studiengängen nicht unbedingt abzuraten, meint Rebischke. «Wenn das genau das richtige für mich ist, sollte ich das auch machen. Aber ich muss mich dann auf dem Arbeitsmarkt später wahrscheinlich öfter dafür rechtfertigen.»

Eine weitere Hürde für Studienbewerber seien die unterschiedlichen Zulassungsbedingungen an Hochschulen. Diese sind Rebischke zufolge oft sehr verschieden, weil immer mehr Hochschulen nicht nur die Abschlussnoten prüfen, sondern auch eigene Eignungstest machen. «Und die können ganz verschieden aussehen. Das ist sogar nicht nur von Hochschule zu Hochschule, sondern zum Teil auch von Fachbereich zu Fachbereich an ein und derselben Uni unterschiedlich.» Nicht einmal der Bewerbungstermin für das Wintersemester sei noch einheitlich. Bewerber müssten ihn also an jeder Hochschule einzeln erfragen, damit sie am Ende nicht zu spät kommen.

Auch einen Hochschulwechsel müssen Studenten heute frühzeitig einplanen. «Die Studiengänge sind heute teilweise so stark spezialisiert, dass man kaum noch in der Germanistik von Freiburg nach Heidelberg wechseln kann.» Wer also von vornherein mit dem Gedanken spielt, an mehreren Hochschulen zu studieren, sollte am besten schon im Vorfeld prüfen, inwieweit die Leistungen der ersten Station des Studiums anderswo anerkannt werden. Auch dabei bleibt laut Rebischke einem Studienanwärter wiederum nichts anderes übrig, als jeweils bei den einzelnen Universitäten nachzufragen.