Trotz Krise: Einige Branchen suchen Mitarbeiter

Bonn/Nürnberg (dpa/tmn) – In der derzeitigen Wirtschaftskrise werden Tausende von Arbeitnehmern entlassen, andere sind zumindest davon bedroht. Doch es gibt einzelne Unternehmen und Firmen, die nach wie vor Mitarbeiter suchen.

In dieser Hinsicht boomen derzeit unter anderem die Computer- und die Beratungsbranche. Gute Chancen haben auch Erzieherinnen und Altenpfleger. Und für hoch qualifizierte Experten bietet sogar die stark von der Krise gebeutelte Autoindustrie noch Job-Chancen.

Auch wenn die Wirtschaftskrise in etlichen Betrieben schon für die Entlassung von Mitarbeitern sorgt, gibt es auch Hoffnungszeichen. Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg hat ergeben, dass in mehreren Branchen die Zahl der Beschäftigten im vierten Quartal 2008, als die Krise anfing, sogar gewachsen ist. «Einen starken Anstieg der offenen Stellen gab es im vierten Quartal zum Beispiel im Bereich der sozialen Dienstleistungen», erklärt IAB-Mitarbeiterin Anja Kettner.

«Wegen des Ausbaus der Kleinkindbetreuung werden unter anderem viele Erzieher gesucht», beobachtet die Expertin. Aber auch für Sozialpädagogen, Altenpfleger oder Lehrer habe es im vierten Quartal 2008 mehr offene Stellen gegeben als im Vorjahr. Ebenso gibt es in der freien Wirtschaft derzeit noch Branchen, die Mitarbeiter suchen. So ergab eine aktuelle Auswertung des Headhunter-Netzwerks Experteer, dass vor allem in der Beratungsbranche Personal gesucht wird. 31 Prozent der 50 000 hier gemeldeten offenen Stellen kommen aus diesem Bereich.

Das bestätigt auch Klaus Reiners, Sprecher des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) in Bonn. Zwar planten weniger Unternehmen als im vergangenen Jahr, Mitarbeiter einzustellen. Aber im Vergleich zu anderen Branchen seien die Aussichten für die Consulting-Branche immer noch gut. «Eine verstärkte Nachfrage nach Beratungsleistungen erwarten die Unternehmen aus der Energie- und Pharmabranche.»

Die Berater profitieren zum Teil sogar von der Krise. So gebe es auch aus der Automobil- sowie der Finanzdienstleistungsbranche, die von der Krise besonders stark betroffen sind, Bedarf an Unterstützung durch externe Spezialisten, erklärt BDU-Sprecher Reiners: «Hier müssen Geschäftsmodelle angepasst, Liquidität erhalten und Kosten gesenkt werden.»

Auf dem zweiten Platz der offenen Stellen landet in der Experteer-Auswertung die Informations- und Telekommunikationsbranche. Immerhin 18 Prozent der offenen Stellen kommen aus diesem Bereich. Tatsächlich klagt derzeit laut Branchenverband Bitkom in Berlin noch ein Drittel der IT-Unternehmen über einen Mangel an Fachkräften. Im vergangenen Jahr allerdings fehlten sogar fast zwei Drittel der Firmen genug qualifizierte Bewerber.

Bitkom-Sprecher Marice Shahd ist optimistisch: «Absolventen haben auch jetzt noch gute Aussichten, einen Job zu bekommen. Auf lange Sicht sind die Berufsaussichten in der IT-Branche ohnehin sehr gut.» Der Fachkräftemangel werde nach dem Ende der Wirtschaftskrise auf ein ähnliches Niveau wie vor der Krise steigen: «Das hat man auch beim letzten Anziehen der Konjunktur gesehen.»

Auf den ersten Blick überraschend erscheint, dass laut Experteer auch in der arg von der Krise gebeutelten Automobil-Branche weiterhin 9 Prozent der offenen Stellen gemeldet werden, 8 Prozent sind es im ebenfalls kriselnden Maschinen- und Anlagenbau. «Wir vermuten, dass die Unternehmen der Automobilindustrie sowie des Maschinenbaus versuchen, in der Wirtschaftskrise vor allem ihre Ingenieure und sonstigen hoch qualifizierten Mitarbeiter zu halten», meint Arbeitsmarktexpertin Kettner. Falls es im Zuge der Krise zu massiven Entlassungen kommen sollte, dürften zunächst die geringer Qualifizierten betroffen sein.

Auch wenn in einigen Branchen noch Mitarbeiter gesucht werden: Insgesamt sehen die Experten die weitere Entwicklung skeptisch. Das IAB rechnet je nach Ausmaß der Rezession mit 330 000 bis 340 000 zusätzlichen Arbeitslosen in diesem Jahr. Insgesamt würde es laut dieser Prognose im Jahresdurchschnitt 2009 bis zu 3,7 Millionen Arbeitslose geben.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssten sich schnell verbessern, damit die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt nicht so gravierend sind, erklärt Arbeitsmarkt-Forscherin Kettner: «Mitte des Jahres muss es einen Lichtblick geben. Sonst werden die Unternehmen der von der Krise besonders betroffenen Branchen vermutlich auch hoch qualifizierte Fachkräfte in größerem Umfang entlassen müssen.»