Unsicherheit ist für Zeitarbeiter die größte Belastung

Nürnberg (dpa/tmn) – Arbeitnehmer bei Zeitarbeitsfirmen empfinden vor allem die Unsicherheit ihres Beschäftigungsverhältnisses als belastend. «Das gilt schon in guten Zeiten», sagt Nathalie Galais, Psychologin an der Universität Erlangen-Nürnberg.

«Zeitarbeitsfirmen gelten als Konjunkturbarometer. Entlassungen gibt es dort einfach schneller, Einstellungen aber auch.» In der gegenwärtigen Wirtschaftskrise habe der Druck auf Zeitarbeitnehmer entsprechend zugenommen. Auch wenn viele von ihnen mit einer Entlassung rechneten, sei diese Erfahrung deshalb nicht weniger unangenehm: «Was wehtut, tut weh, auch wenn man damit rechnet», sagt Galais.

Eine Studie der Techniker Krankenkasse (TK) in Hamburg zeigt, dass der Krankenstand in der Zeitarbeitsbranche bereits 2008 bei 4 Prozent lag und damit 1,1 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Beschäftigte in Zeitarbeit fehlten an 14,7 Tagen, im Schnitt 4 Tage mehr als Arbeitnehmer in anderen Branchen. Nach dem aktuellen Gesundheitsreport der TK, den die Kasse gerade zusammen mit dem Bundesverband Zeitarbeit vorgestellt hat, haben Zeitarbeiter 34 Prozent mehr psychische Beschwerden als in anderen Branchen üblich.

Eine TK-Umfrage unter Zeitarbeitern hat ergeben, dass diese insbesondere die hohe Arbeitsplatzunsicherheit, ihre Einkommenssituation, fehlende Entwicklungsmöglichkeiten und die Diskrepanz zwischen ihren Qualifikationen und ihrer aktuellen Tätigkeit als Belastung empfinden.

Andererseits komme mehr als die Hälfte der Zeitarbeiter aus der Arbeitslosigkeit. «Sie haben die Erfahrung gemacht, arbeitslos zu werden, aber auch die, dass man da wieder rauskommen kann», sagt Galais. Tatsächlich sei es aber so, dass nur die wenigsten sich bewusst für die Zeitarbeit entschieden haben. «Die meisten suchen einen festen Arbeitsplatz», sagt Galais, die sich seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftigt. «Die meisten hoffen, dass die Zeitarbeit ein Sprungbrett ist.»

Nach dem sogenannten Klebe-Effekt bleibt jeweils ein Teil der Zeitarbeitnehmer in den Firmen, in die sie ausgeliehen werden. «Wenn das dann nicht klappt, sind sie oft umso enttäuschter.» In der derzeitigen Krise, die dazu führt, dass viele Unternehmen sich zunächst von Zeitarbeitern trennen, dürften die Chancen auf eine Übernahme entsprechend gesunken sein. Grundsätzlich spreche das aber nach wie vor nicht gegen Zeitarbeitsfirmen: «Die Chancen, übernommen zu werden, sind jedenfalls größer, als sich aus der Arbeitslosigkeit von außen zu bewerben.»