Weiterbildungs-Dschungel: Was bei Zertifikaten zählt

Berlin/Hannover (dpa/tmn) – Lebenslanges Lernen ist ein wichtiges Schlagwort der heutigen Berufswelt. Um sich auf dem Arbeitsmarkt durchzusetzen, ist es mit einem Studienabschluss längst nicht mehr getan.

Allerdings ist der Markt für Weiterbildungen schwer zu überblicken: Die Palette reicht von Qigong-Kursen für Mediziner bis hin zu Hochschul-Zertifikaten für Theaterpädagogik.

Für Meike Häußer vom Service Center Weiterbildung an der Berliner Humboldt-Universität dienen Zertifikatsstudien der Profilbildung. «Unser Angebot richtet sich an Leute, die am Berufsanfang stehen», erklärt sie. Angeboten werden etwa Kurse über Grundkenntnisse in Deutschem Recht sowie der staatlich anerkannte Ausbildungsgang «Psychologische Psychotherapie».

Auch Walburga Freitag vom Hochschul-Informations-System (HIS) in Hannover weiß, wie schwer der Markt zu überblicken ist. «Die Weiterbildung ist in Deutschland sehr ungeregelt.» Schwierig sei die Frage, wie sich erkennen lässt, auf welchem Niveau eine Fortbildung liegt. Wichtig sei auch die Frage der Anerkennung.

Sie spielt auch eine Rolle, wenn es darum geht, eine Weiterbildung auszubauen. So bieten manche Hochschulen Studiengänge an, deren Absolventen erst ein Zertifikat als Abschluss erhalten. Wer später bis zum Master weiterstudiert, bekommt die Zeit angerechnet.

Für Alexander Spermann vom Personaldienstleister Randstad in Eschborn wird es immer wichtiger, sich auf dem Arbeitsmarkt von Mitbewerbern abzuheben. «Ich kann nur dringend zuraten, auf eine Ausbildung etwas draufzusetzen.» Selbst ein Examen sei ohne Ergänzung nach zwei Jahren kaum mehr etwas wert. Wichtig sei aber nicht nur, sich regelmäßig fortzubilden. «Die Mischung aus Qualität und Quantität macht es aus.» Das Problem sei jedoch, dass es viele Anbieter, aber keinen Filter für schlechte Angebote gebe. «Bei über 15 000 Bildungsträgern in Deutschland sind auch Exoten dabei.»

Einen guten Ruf bei Weiterbildungen außerhalb der Hochschulen genießen laut Spermann die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien sowie die Industrie- und Handelskammern. Zudem böten die Zertifizierungen der Bundesagentur für Arbeit eine Orientierung. «Das sind Anbieter, die gehen in die richtige Richtung.»

Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung in Bonn rät in einer Checkliste unter anderem, sich vorher genau über Inhalte, Ziele und Dauer einer Weiterbildung zu informieren. Aufschlussreich sei auch, wie viele Teilnehmer bei einer Veranstaltung vorgesehen sind.

Besondere Regeln gelten für Ärzte: Sie sind gemäß der Berufsordnung verpflichtet, sich fortzubilden. Seit 2004 müssen niedergelassene Ärzte regelmäßig ein Fortbildungszertifikat vorlegen. Passende Angebote werden von den Landesärztekammern ausgezeichnet. Jährlich gehen dort rund 300 000 Anträge auf Anerkennung einer Fortbildungsmaßnahme ein. «Im Schnitt fallen zehn Prozent durch», sagt Justina Engelbrecht von der Bundesärztekammer in Berlin.

Die Bedeutung von Zertifikaten variiert von Branche zu Branche. Im Maschinenbau, der Metall- und Elektroindustrie sowie der Chemie spielten sie eine untergeordnete Rolle, sagt Spermann – auch, weil es dort viel innerbetriebliche Fortbildung gebe. «Im Dienstleistungsbereich sieht das anders aus.» Dort gebe es viele Quereinsteiger, die sich mit Zertifikaten weiterqualifizierten.