Eine Schule für drei Staaten

Am Gründungsort von Schengen-Europa ist trotz andauernder Euro-Krise von Euroskepsis wenig zu spüren.

Im Dreiländereck der Winzerdörfer Schengen, Perl und Apach ist das grenzenlose Europa keine Sonntagsrede, sondern gelebte Realität. Besonders für die mehr als 620 Kinder aus Deutschland, Luxemburg und Frankreich, die gemeinsam am Schengen-Lyzeum lernen.

Man grüßt auf den Gängen dieser Schule grundsätzlich in der falschen Sprache, sagt Volker Staudt, der als deutscher Schulleiter und luxemburgischer Lyzeumsdirektor Chef des Hauses ist. Französisch, Luxemburgisch oder Deutsch, alles geht hier wild durcheinander. Das Großherzogtum Luxembourg und der saarländische Landkreis Merzig-Wadern teilten sich die 25 Millionen Euro für den Bau der Europa-Schule. Entsprechend stellen diese Regionen das Gros der 620 Schüler, aber rund 40 stammen auch aus Rheinland-Pfalz und Frankreich. In den kommenden Jahren steigt die Schülerzahl auf rund 900, die am Lyzeum das saarländische und das luxemburgische Abitur ablegen werden.

Landrätin: Gute Zukunft für Großregion

Von einem Leuchtturmprojekt spricht Daniela Schlegel-Friedrich, Landrätin von Merzig-Wadern. Die Kinder werden gemeinsam von deutschen und luxemburgischen Lehrern für eine gute Zukunft in der Großregion ausgebildet. Sie leben Europa, lernen die Kultur der Nachbarn kennen und ihre Sprache. Es sei eine finanzielle Herausforderung für den Landkreis, der man sich aber gerne stelle.

Derzeit unterrichten wir die Klassen fünf bis neun. Wir wachsen automatisch, da wir jedes Jahr fünf neue Klassen eröffnen, erklärt Schulleiter Staudt. Das Schengen-Lyzeum sei binnen kürzester in der Grenzregion angenommen worden. Wenn der Pfarrer seine Allerheiligen-Messe in unserer Aula feiert, dann sind wir wohl angekommen.

Schule bei Eltern äußerst beliebt

Diese Feststellung gilt nicht nur für den deutschen Grenzort Perl, auf dessen Gebiet das Schulgebäude errichtet wurde, sondern auch für das Nachbardorf Schengen am luxemburgischen Moselufer. Die neue Schule ist stets die erste Überlegung der luxemburgischen Eltern, sagt Marc Schoentgen vom Schengener Tourismusverein. Das ist nicht verwunderlich, denn die Region war schon immer sehr verwachsen. Hier bin ich Bürger Europas. Natürlich besucht auch Schoentgens Tochter das Lyzeum. Politische Überlegungen zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums hält er für vorrübergehende Phänomene. Dieser Zug ist doch längst abgefahren.

Dass das Projekt der europäischen Einheit immer noch die Menschen fasziniert, ist gerade im berühmtesten Dorf der Welt, wie sich Schengen selbstbewusst nennt, zu spüren. Wenn ich die Zeit hätte, könnte ich jeden Tag Führungen durch Schengen anbieten und von den Schmugglertouren berichten, als es hier nur noch Grenzen gab, berichtet Schoentgen. Allein im Europa-Museum wurden in den ersten elf Monaten dieses Jahres rund 30.000 Besucher gezählt. Die Einrichtung wurde im vergangenen Jahr aus Anlass von 25 Jahre Schengener Abkommen eröffnet.

Doch noch ist nicht alles geschafft, so fehlt im Dreiländereck ein zeitgemäßer Sportplatz für die Leichtathleten. Dafür müsste ein neuer Verein gegründet werden, um Fördergelder zu erhalten. Den kriegen wir auch noch gegründet, versichert Schoentgen. Es ist unser kleiner Grenzverkehr, der hier vor Ort die Dinge am Laufen hält. Und Schulleiter Staudt nickt zustimmend. Schon im kommenden Jahr möchten sie ihre Pläne der saarländischen Sportplanungskommission präsentieren. Kaum vorzustellen, dass diese den engagierten Grenzgängern ihren Wunsch nicht erfüllen wird.