Eltern, Schüler und Lehrer demonstrieren erneut für Inklusion

Hella Lopez ist mit ganzem Herzen bei der Demonstration.

Ihre acht Jahre ältere Schwester habe im Rollstuhl gesessen, trotzdem sei sie auf eine Regelschule gegangen, erzählt die Frau. Das ging ohne Probleme, da galt einer für alle, und alle für einen, sagt sie. Heute ist Hella Lopez Vorsitzende des Elternbundes in Hessen, und regt sich über die Politik von Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP) auf: Die Regierung verwehre betroffenen Kindern und ihren Eltern noch immer das Recht auf den Besuch einer Regelschule, und das trotz der UN-Behindertenkonvention für gleiche Rechte.

Wir brauchen die Umsetzung der Konvention ohne Wenn und Aber, forderte Lopez. Rund 600 Lehrer, Eltern und Schüler sahen das genauso, und trugen am Dienstag ihren Protest für eine bessere Eingliederung, die sogenannte Inklusion, behinderter Schüler vor das Wiesbadener Kultusministerium. Wir wollen heute den Frühling ins Kultusministerium tragen, sagte die stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Karola Stölzel. Die GEW hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Stölzel verwies dabei auch auf den am 22. März gegründeten Runden Tisch Inklusion. Dort wollen ab sofort Schüler, Eltern, Initiativen und die Gewerkschaft regelmäßig die Politik der Landesregierung kritisch kommentieren und die Einhaltung der UN-Konvention durchsetzen helfen.

GEW-Landeschef Jochen Nagel warf der schwarz-gelben Landesregierung eine Abschreckungspolitik vor: Die Bedingungen für einen erfolgreichen inklusiven Unterricht seien in den vergangenen Jahren schlechter statt besser geworden. Das Land verstoße damit gegen die UN-Konvention, kritisierte er. Jeder Mensch hat ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe, unterstrich auch die stellvertretende Landesschülersprecherin Natalie Pawlik.

Kultusministerin verweist individuelle Lernförderung

Kultusministerin Henzler bekräftigte hingegen, die Inklusion in Hessen sei auf einem guten Weg. 95,6 Prozent aller Kinder besuchten in Hessen die Regelschule, Kinder mit Schwierigkeiten würden dort individuell unterstützt. Mehr als 900 Förderschullehrerstellen stünden dafür an den allgemeinen Schulen zur Verfügung. Es werde aber auch immer Schüler geben, denen eine spezialisierte Förderschule besser helfen könne, betonte Henzler. Immerhin erreichten 80 Prozent der Kinder in Förderschulen hier auch einen Schulabschluss. Die Ministerin kündigte zudem an, der Landkreis Offenbach werde nach Wiesbaden die zweite Modellregion für Inklusive Bildung in Hessen.

Die Bildung solcher Modellregionen sei ein Schlag ins Gesicht all derer, die nicht das Glück hätten, in einer solchen Region zu leben, kritisierte Lopez hingegen. Es gibt genug Modellschulen, die Inklusion erprobt haben, es funktioniert doch, betonte sie. Bildung sei ein Grundrecht für alle, gemeinsamer Unterricht produziere nur Gewinner.