Preisgekrönte Übersetzerin im Eiltempo

Als Sara Kredel im August 2010 nach Ungarn reiste, konnte sie nur ein paar Wörter in der Landessprache.

Ja heißt igen und nein heißt nem, viel mehr wusste die Schülerin des Bensheimer Goethe-Gymnasiums nicht. Anderthalb Jahre später hat die 17-Jährige den EU-Übersetzungswettbewerb Juvenes Translatores gewonnen, nachdem sie unter Zeitdruck einen Text aus dem Ungarischen ins Deutsche übersetzte. Am 27. März wird Sara Kredel in Brüssel als Deutschlandsiegerin des europaweiten Wettbewerbs ausgezeichnet.

Ins ostungarische Debrecen hatte es Sara wegen ihrer Liebe zur Musik verschlagen. Seit ihrer Kindheit spielt sie Klavier und Querflöte. Das Musikprogramm an einem Gymnasium gab es so nur in Ungarn, begründet Sara ihre Wahl für ein Land, dessen Sprache gemeinhin als schwer zu lernen angesehen wird. Geholfen hat ihr beim Lernen der Sprache niemand. Ich habe Wortfetzen aufgeschnappt und dann im Wörterbuch nachgeschaut, was es heißt, erinnert sich Sara. Die elfmonatige Selbsthilfe hat ausgereicht, um die EU-Juroren ins Schwärmen geraten zu lassen. Saras Übersetzung zeichne sich durch einen wunderbaren, flüssigen Stil, kreative Übersetzungslösungen und hervorragendes Deutsch aus.

Die Europäische Kommission hatte den Wettbewerb Juvenes Translatores vor fünf Jahren ins Leben gerufen, um Nachwuchs für ihren stetig steigenden Bedarf an Übersetzern zu finden. In diesem Jahr hatten sich europaweit rund 8.000 Schulen für eine Teilnahme beworben. Mehr als 3.000 Schulen durften mitmachen, darunter auch das Goethe-Gymnasium in Bensheim. Die Teilnahme organisiert hatte Saras Französischlehrerin Martina Limp. In 90 Minuten war ein vorgegebener und vorher nicht bekannter Text zu übersetzen. Fünf Arbeiten durfte jede Schule einreichen. Ich war mir sicher, dass Sara gewinnt, sagt Lehrerin Limp und kommt aus dem Schwärmen über ihre Schülerin gar nicht mehr raus.

Notenschnitt von 1,15

Sara ist in allen Fächern gut, was ihr Notendurchschnitt von 1,15 beweist. Auch Schuldirektor Jürgen Mescher ist von Sara begeistert: Sie ist keine Streberin, die ihren Kopf nur in Bücher steckt, bei ihr stimmen auch die sozialen Komponenten, sie nimmt an allem rege teil.

Ihre eigentliche Liebe aber gehört der Musik. Ich könnte mir schon vorstellen, beruflich Musik zu machen, auch wenn es sicherlich stressig ist, glaubt Sara. Zwei bis drei Stunden täglich spielt sie Klavier und Querflöte. Vergangene Woche gewann sie mit der Querflöte den Landesentscheid von Jugend musiziert und darf nun Ende Mai beim Bundesentscheid antreten.

Vorher aber reist Sara noch für drei Tage nach Brüssel. Vielleicht gelingt es der EU ja doch, dem Multitalent den Übersetzerberuf schmackhaft zu machen. Neben Ungarisch spricht die 17-Jährige noch Englisch, Französisch, Spanisch und auch ein bisschen Russisch. Ich würde auch gerne noch Japanisch lernen, verrät Sara. Was ja und nein auf Japanisch heißt, hat sie sicherlich schnell raus.