Streit um Chancengleichheit an Bayerns Schulen

Die Chancengleichheit für Bayerns Schüler hat eine erregte Debatte zwischen Regierung und Opposition ausgelöst.

Während Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) Bayerns Schulsystem hier auf einem guten Weg sieht, kritisierte SPD-Bildungspolitikerin Marianne Schieder am Montag, Bayern sei in Sachen Ungerechtigkeit wieder einmal Spitzenreiter. Hintergrund des Streits ist eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Chancengerechtigkeit an den deutschen Schulen.

Wir sind nicht am Ziel, aber kommen auf dem Weg zu mehr Chancengerechtigkeit gut voran, sagte Spaenle am Montag in Reaktion auf die Studie. Es müsse weiter daran gearbeitet werden, dass sich für Kinder aus bildungsfernen Familien über das Gymnasium oder vergleichbare Wege die Tür zur Hochschule öffne, sagte Spaenle.

Weniger bayerische Schüler erreichen Hochschulreife

Nach dem im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung ermittelten Chancenspiegel liegt in Bayern der Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss mit 6,0 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von 7,0 Prozent. Allerdings erlangten im Jahr 2009 nur 37,6 Prozent der bayerische Schüler die Hochschulreife. Bundesweit sind es 46,4 Prozent. Spaenle verwies darauf, dass 2010 bereits 41,2 Prozent der bayerischen Schüler die Hochschulreife erlangen konnten.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Schieder wertet das Ergebnis der Studie als erneuten Beleg für strukturelle Ungerechtigkeiten im bayerischen Bildungssystem. Arbeiterkinder haben eine sechs Mal geringere Chance auf ein Abiturzeugnis, rechnete Schieder vor. Sie fordert unter anderem einen zügigeren Ausbau der Ganztagsangebote, wie er in der Studie empfohlen werde.

Freie Wähler sehen Lücke bei Ganztagsschulen

Auch die Freien Wähler (FW) sehen Nachholbedarf bei der Chancengerechtigkeit. Wir brauchen endlich ein Schulsystem, das Leistungsfähigkeit und Bildungsgerechtigkeit gleichermaßen vereint, sagte der Bildungsexperte der FW-Landtagsfraktion, Günther Felbinger. Der Ausbau der Ganztagsschulen sei jahrelang verschlafen worden. In Bayern besuche derzeit nur jedes zehnte Kind eine Ganztagseinrichtung. Das rächt sich jetzt, sagte Felbinger.

Als unseriös bezeichnete die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagfraktion, Renate Will, die Kritik aus der Opposition. Die Bertelsmann-Studie habe nämlich außer Acht gelassen, dass es in Bayern auch andere Wege zur Hochschulreife gibt. Immerhin 40 Prozent der Studierenden in Bayern hätten die Hochschulreife über den sogenannten M-Zweig in den Mittel- oder Realschulen erworben.