Tatort Schule: Randalierer lassen Zerstörungswut freien Lauf

Eine mutwillig gefällte Kastanie auf dem Schulhof, Verwüstungen nach Alkoholexzessen, Einbrüche, Diebstähle, Farbschmierereien, eingeworfene Fensterscheiben – die Liste der Gewaltakte an hessischen Schulen lässt sich fast beliebig fortsetzen.

Vandalismus ist für die Schulen in Hessen ein großes Problem, ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dapd.

Schüler lassen während und außerhalb des laufenden Schulbetriebs ihrer Zerstörungswut freien Lauf: Möbel werden beschädigt und zerstört, außerdem gebe es Farbschmierereien in und am Gebäude, sagt der Sprecher der Stadt Kassel, Hans-Jürgen Schweinsberg.
Schultoiletten, Dächer und Außenfassaden seien ebenfalls beliebte Ziele. Die Vandalen begehen Einbrüche, nach «Saufexzessen» verwüsten sie das Schulgelände.

Die Täter seien nur zum Teil Schüler, oft kommen sie auch von außerhalb, betont Schweinsberg. Die Zerstörungswut beschränke sich auch nicht auf einzelne Schulen. Vandalismusschäden seien nicht nur «an sozialen Brennpunkten, sondern in allen Stadtteilen zu verzeichnen».

In Kassel entfalle mit bis zu 95 Prozent der «Löwenanteil» des Vandalismus an städtischen Gebäuden auf Schulen, sagt Schweinsberg.
Im Jahr 2010 gab es 254 Fälle, bei denen einen Schaden in Höhe von rund 115.000 Euro verursacht wurde. In den vergangenen fünf Jahren beliefen sich diese Kosten auf insgesamt 767.000 Euro. Aus anderen Städten waren keine gesonderten Statistiken zu dem Problem zu bekommen, da die Polizei diese Fälle allgemein unter Sachbeschädigung verbucht.

In Wiesbaden kommt es vermehrt zu Einbrüchen in Schulen. Außerdem sei durch Brandstiftung ein Schaden von 50.000 Euro an einem Dach entstanden, sagt die Schuldezernentin Rose-Lore Scholz.

Auch an Schulen im Landkreis Darmstadt-Dieburg kommt es unter anderem immer wieder zu Einbrüchen und Diebstählen. Außerdem wurde nachts auf einem Schulgelände eine Kastanie mit einer Kettensäge gefällt. Der Schuldezernent, Christel Fleischmann, spricht dabei von einer «Schmerzgrenze», die überschritten wurde. Ein Vandale habe an einer Schule Wasserschäden verursacht, weil er nachts regelmäßig in die Sanitäreinlagen eingestiegen sei und ein Waschbecken heruntergebrochen habe.

Als den Schülern ein Abschlussstreich verboten wurde, reagierten sie mit einer besonders ausgelassenen Party. Sie schmissen Fenster ein, verbogen Fassadenbleche, verstreuten den Inhalt von Mülleimern und zogen dabei auch einen noch nicht fertiggestellten Neubau in Mitleidenschaft. Auf eine Wand schrieben sie: «Das habt ihr jetzt davon!», berichtet Fleischmann. Der Dezernent fordert, dass sich Eltern, Schüler, Lehrer und Nachbarn gemeinsam aktiv gegen Vandalismus einsetzen. Aber auch Videoüberwachung und Alarmanlagen seien denkbar.

Schüler werden in die Verantwortung genommen

In Frankfurt hat sich das Schuldezernat bewusst gegen eine Videoüberwachung an Schulen entschieden, obwohl es auch in Frankfurt Vandalismus an Schulen gibt, wie Martin Müller-Bialon vom Frankfurter Schuldezernat bestätigt. Dass das Prinzip Abschreckung nichtsdestotrotz funktioniert, zeigen die Schulen, die Attrappen von Videokameras aufgestellt haben: «Obwohl die Kameras nichts filmen, gibt es in diesen Bereichen weniger Fälle von Vandalismus», freut sich Müller-Bialon. Jede Frankfurter Schule stehe jedoch in der Pflicht, ein pädagogisches Konzept gegen Vandalismus zu entwickeln.
Je mehr man die Schüler mit einbinde, desto größer werde ihr Verantwortungsgefühl, sagt Müller-Bialon.

Die Gießener Schulen haben inzwischen einen Rückgang des Vandalismus erreicht. Derzeit zeige eine Mischung aus präventivem und repressivem Vorgehen Wirkung, bestätigt die Sprecherin Claudia Boje. Sie weist darauf hin, dass Vandalismus ein Ausdruck von Unzufriedenheit sei und es deshalb kein kopierbares Erfolgsrezept für alle Zeiten gäbe.

Wie es auch ohne Vandalismus geht, zeigt die Claus-von-Stauffenberg-Schule in Rodgau, wo für eine Identifikation der Schüler mit der Schule gesorgt wird. Der Landesvorsitzende des Deutschen Lehrerverbands, Norbert Naumann, berichtet, dass die Schüler dort ein besonders gutes Verhältnis zur Schule pflegen. Das liege unter anderem daran, dass sie die Innenräume künstlerisch mitgestalten könnten und sich am Ende ihrer Schulzeit auf einer Wand verewigten.