In der Physik ist abstraktes Denken gefragt

Darmstadt (dpa/tmn) – «E = mc²» – diese oft gehörte Formel aus der Relativitätstheorie von Albert Einstein kennt fast jeder, verstehen dürften sie dagegen nur die allerwenigsten.

Schließlich lässt es sich nur schwer vorstellen, dass ein Astronaut bei seiner Heimkehr zur Erde plötzlich jünger als sein daheim gebliebener Zwillingsbruder sein soll, wenn er vorher annähernd so schnell wie das Licht durchs All gesaust ist. Wer bei diesem berühmten physikalischen Paradoxon nicht mehr mitkommt, sollte sich davon aber nicht abschrecken lassen: Man muss kein Einstein sein, um Physik zu studieren.

Angst vor komplexen Fragestellungen dürfen angehende Physiker allerdings nicht haben: «Es geht bei uns immer um die großen Zusammenhänge, da ist also abstraktes Denken gefragt», sagt Franco Laeri, Koordinator für den Fachbereich Physik an der Technischen Universität Darmstadt. Einsteiger in dem Fach benötigten außerdem Spaß an Formeln: «Man muss es mögen, ein Problem logisch zu durchdringen und dann zu formalisieren.»

Abgehobene Theorien aus der Astro- und Atomphysik über schwarze Löcher oder neue unsichtbare Teilchen spielen im Studium zunächst aber kaum eine Rolle. Zunächst geht es viel bodenständiger zu: Am Anfang steht vor allem die Mechanik auf dem Lehrplan. Darin geht es etwa um die Frage, welche Kraft nötig ist, um ein Gewicht mit einem Flaschenzug hochzuheben.

Daneben müssen Physikstudenten von Anfang an viel Mathe pauken. «Das ist für viele eine Hürde, da muss man erstmal durch», sagt Laeri. Doch das schaffen längst nicht alle Einsteiger in dem Fach: An den Universitäten gibt mehr als jeder Dritte (36 Prozent) sein Studium auf. Das hat das Hochschul-Informations-System (HIS) in Hannover ermittelt, indem es Daten von Absolventen des Jahrgangs 2006 auswertete. Die Quote der Abbrecher hat sich demnach im Vergleich zum Jahrgang 2002 um sechs Prozentpunkte erhöht.

Mittlerweile hat sich das Fach in verschiedene Ausrichtungen aufgefächert: Neben der klassischen Physik stehen etwa Astro- oder Bau-Physik zur Auswahl. Außerdem gibt es Kombinationen mit den Fächern Medizin oder Biologie.

Absolventen haben angesichts des Fachkräftemangels im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) vergleichsweise gute Jobaussichten: Dort gab es 2008 noch mehr als 140 000 freie Stellen. Die Einsatzmöglichkeiten sind Laeri zufolge breitgefächert: Physiker seien überall dort gefragt, wo es um die Entwicklung neuer Maschinen oder Techniken geht. Sie entwerfen etwa neue Verbrennungsmotoren für Autos oder forschen an besonders leistungsfähigen Solarzellen. Die Theorien des Fachs würden aber nicht nur in der Industrie angewendet: Jobs für Physiker gibt es zum Beispiel auch im Risikomanagement von Banken.