In Pädagogik ist Diskussionsfreude gefragt

Rostock/Münster (dpa/tmn) – Der typische Pädagogikstudent trägt eine Nickelbrille, einen selbst gestrickten Wollpulli und Birkenstock-Sandalen. Er findet Lieder von Cat Stevens «stark» und bietet jedem sofort das Du an.

Soweit das Klischee. Tatsächlich ist Pädagogik mehr als Ringelpiez mit Anfassen – und Absolventen müssen im späteren Berufsalltag oft hart im Nehmen sein. «Man muss schon diskussionsfreudig sein – in den Fragen unseres Fachs gibt es meist kein richtig und falsch», sagt Karin Böllert vom Präsidium des Erziehungswissenschaftlichen Fakultätentags (EWFT) mit Sitz in Rostock. Pädagogik sei aber kein «Laberfach»: «Das hat nichts mit einem freiem Meinungsforum zu tun, da geht es um wissenschaftliches Argumentieren», sagt die Professorin, die an der Universität Münster lehrt.

Diese Art zu lernen ist offenbar gefragt: Laut dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden ist Pädagogik eines der beliebtesten Fächer in Deutschland. Im Wintersemester 2007/08 haben sich 6526 Studienanfänger dafür entschieden, insgesamt gab es 45 363 angehende Erziehungswissenschaftler unter den knapp zwei Millionen Studenten in Deutschland. Damit ist die Gesamtzahl der Hochschüler in dem Fach allerdings rückläufig – fünf Jahre zuvor waren es mit 52 159 noch 13 Prozent mehr.

Typischerweise ist der Pädagogikstudent weiblich: Im Wintersemester 2007/08 machten Frauen gut drei Viertel (77 Prozent) der Studierenden in dem Fach aus. Unter den Studienanfängern lag die Quote sogar bei rund 80 Prozent.

Einsteiger haben häufig aber falsche Vorstellungen von dem Fach: «Wer zum Beispiel Lehrer werden will, hat oft eigene Schulerfahrungen im Kopf», erläutert Prof. Böllert. «Die decken sich nicht unbedingt damit, wenn man selbst vor einer Klasse steht. Da erleben einige dann einen Praxisschock.» Auf der anderen Seite dächten manche Pädagogikstudenten, sie würden gleich in die praktische Sozialarbeit einsteigen. Im Studium stünden zunächst aber auch Forschungsmethoden und Statistik auf dem Lehrplan.

Das schmeckt offenbar nicht allen: Jeder Fünfte (20 Prozent) in den Fachbereichen Pädagogik und Sport bricht sein Studium ab. Das ergibt sich aus einer Befragung von Absolventen des Jahrgangs 2006 durch das Hochschul-Informations-System (HIS) in Hannover. Demnach ist die Abbrecherquote in jüngster Zeit gestiegen: Beim Jahrgang 2004 betrug sie noch 16 Prozent.

Jobs für Absolventen gibt es längst nicht nur in der Schule: Sie sind auch in der Erwachsenenbildung, der Jugendarbeit oder der Familienberatung tätig. «Man muss in jedem Fall Spaß daran haben, mit Menschen zu arbeiten», sagt Böllert. Zudem sei Teamfähigkeit wichtig.

Die Berufsaussichten sind statistisch gesehen gut: Laut dem HIS sind 87 Prozent zehn Jahre nach dem Abschluss erwerbstätig, arbeitslos sind nur drei Prozent. Zudem wächst der Bedarf an Fachpersonal im Sozialbereich, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg ermittelt hat. Danach liegen Sozialpädagogen und ähnliche Fachkräfte bei den sofort zu besetzenden offenen Stellen inzwischen an zweiter Stelle – nur Ingenieure werden derzeit noch stärker gesucht.