Juristen müssen gut analysieren können

Frankfurt/Oder/Berlin (dpa/tmn) – Der typische Jurist mag es nicht, wenn jemand falsch parkt und bleibt auch nachts vor einer roten Fußgängerampel stehen. Und natürlich hat er selbst immer recht.

Ganz so korrekt müssen angehende Jurastudenten zum Glück nicht sein – denn Paragrafenreiter sind in dem Fach fehl am Platz. Einsteiger brauchen aber eine gehörige Portion Selbstdisziplin.

Dabei geht es für Studienanfänger nicht nur darum, sich zahllose Vorschriften, Verordnungen und Verbote einzuprägen. «Jura studieren hat nichts mit Auswendiglernen zu tun», sagt Michaela Nöbel, Fachstudienberaterin an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Schließlich seien Gesetze Auslegungssache. Und es gebe immer wieder neue Streitfälle, für die es auch neuer rechtlicher Antworten bedarf.

Für das Studium seien analytisches Denken und eine rasche Auffassungsgabe nötig. Außerdem werde gerade von Studienanfängern Durchhaltevermögen und Hartnäckigkeit verlangt. «Das ist manchmal eben auch ein einsames Studium», sagt Nöbel. Jura sei aber keine graue Theorie, sagt Prof. Peter Huber, Vorsitzender des Deutschen Juristen-Fakultätentages in Berlin. «Wenn man sich darauf einlässt, merkt man: Das ist das pralle Leben.» Schließlich gehe es vor Gericht oft um Probleme, die viele kennen. «Mängel bei Gebrauchtwagen zum Beispiel hat wohl schon so ziemlich jeder mal erlebt.»

Laut dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden ist Jura eines der beliebtesten Fächer in Deutschland: Im vergangenen Wintersemester haben sich 12 145 Studienanfänger für das Fach entschieden. Insgesamt gab es 83 683 Jura-Studenten – das ist die zweitgrößte Gruppe unter den fast zwei Millionen Hochschülern hierzulande.

Angehende Studenten müssen sich entscheiden, ob sie sich zum Volljuristen oder zum Spezialisten ausbilden lassen wollen. Sie können entweder den klassischen Weg mit Staatsexamen, Referendariat und zweiten Staatsexamen wählen, das zur Arbeit als Richter oder Anwalt befähigt, erläutert Prof. Huber. Oder sie schreiben sich in einen neuen Studiengang wie «Wirtschaftsrecht» ein, bei dem sie einen Bachelor oder Master als Abschluss erhalten.

Auch wenn das Studium als lernintensiv gilt – die Abbruchquote ist niedrig: Nur neun Prozent werfen in dem Fach das Handtuch. Das geht aus einer Befragung des Hochschul-Informations-Systems (HIS) in Hannover von Absolventen des Jahrgangs 2006 hervor. Demnach ist die Quote in Jura deutlich gesunken: Beim Jahrgang 1999 lag sie noch bei 27 Prozent. Es gibt Prof. Huber zufolge aber viele Studienanfänger, die falsche Vorstellungen von dem Fach haben und dann ihr Studium mehr schlecht als recht bewältigten. «Jura ist sehr vielfältig – das zieht alle an, die nicht genau wissen, was sie eigentlich machen wollen.»

Absolventen können sich nach dem Studium auf die verschiedensten Bereiche wie Arbeitsrecht oder Medienrecht spezialisieren. Sie arbeiten dabei längst nicht nur in Behörden: Viele kommen später auch in den Rechts- und Personalabteilungen von Unternehmen sowie bei Banken und Versicherungen unter. Wer Anwalt werden will, muss sich laut der Bundesrechtsanwaltskammer in Berlin einer großen Konkurrenz stellen: So gab es in diesem Jahr erstmals mehr als 150 000 Rechtsanwälte, vor 20 Jahren waren es erst rund 54 100. Dennoch ist ein Jura-Studium eine solide Grundlage: Laut dem HIS sind 88 Prozent der Absolventen in dem Fach fünf Jahre nach dem Abschluss erwerbstätig, arbeitslos sind nur vier Prozent.