Mehr als Zahlen: BWLer brauchen Sozialkompetenz

Köln (dpa/tmn) – Der typische BWLer kommt im Anzug zur Vorlesung. Er will sein Studium schnell durchziehen – schließlich hat er nebenbei ja schon seine eigene Firma. Für anderes außer dem Pflichtprogramm bleibt da wenig Zeit.

Und Kontakte zu Kommilitonen sind nur drin, wenn sie für die eigene Karriere etwas bringen. Soweit das Klischee: Ganz so einseitig müssen angehende Betriebswirte aber keineswegs veranlagt sein – denn von Absolventen wird mehr verlangt als bloß das Herunterbeten von Bilanzen.

«Ein Unternehmen besteht nun mal aus Menschen – man muss deshalb als Betriebswirt auch mit Menschen und nicht nur mit Zahlen umgehen können», sagt Prof. Stephanie Teufel vom Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft (VHB) mit Sitz in Köln. Wer in einem Unternehmen einen gehobenen Posten erreichen will, müsse Mitarbeiter führen können. Daher seien auf dem Weg nach oben Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit und Teamgeist wichtig.

Auch wenn das Klischee für manchen abstoßend wirken mag – BWL ist das beliebteste Fach in Deutschland, hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden ermittelt. Mehr als 25 000 Studienanfänger haben es im vergangenen Wintersemester gewählt, gut acht Prozent aller Hochschulneulinge. Insgesamt gab es im vergangenen Herbst 151 000 BWL-Studenten – damit stellen sie die größte Gruppe unter den fast zwei Millionen Hochschülern in Deutschland.

Ein Grund für die Beliebtheit des Fachs dürfte Prof. Teufel zufolge sein, dass viele sich gute Jobchancen von einem BWL-Studium versprechen. Ganz falsch liegen sie damit nicht: Laut dem Hochschul-Informations-Systems (HIS) in Hannover sind rund 90 Prozent der Absolventen in dem Fach fünf Jahre nach dem Abschluss erwerbstätig. Arbeitslos sind nur zwei Prozent der Uniabgänger und drei Prozent der FH-Absolventen.

Einsteiger hätten zum Teil aber falsche Vorstellungen über das Fach und ihre Karrierechancen, warnt Prof. Teufel: «Manche glauben, das sei ein Schmalspurstudium, das man ohne große Mühe bewältigen kann und mit dem man dann automatisch gleich ganz oben landet.» Doch schon zu Beginn des Studiums stehen schwierige Klausuren in Mathe und Statistik auf dem Lehrplan. «Gerade am Anfang ist das sehr theorielastig, das unterschätzen einige.»

So bricht rund jeder Vierte in dem Fach sein Studium ab: An der Uni sind es mit 27 Prozent etwas mehr als an Fachhochschulen (24 Prozent). Das geht aus einer HIS-Befragung von Absolventen des Jahrgangs 2006 hervor. Im Schnitt liegt die Abbrecherquote bei 21 Prozent. Auch ist die Konkurrenz unter BWL-Absolventen durch die vielen Abgänger in dem Fach groß. Wer nach einem halbherzig absolvierten BWL-Studium nur einen mittelmäßigen Abschluss schafft, hat schnell das Nachsehen.

«Ein reines BWL-Studium reicht heute außerdem nicht mehr – man muss sich spezialisieren», rät Prof. Teufel. So sei etwa kombiniertes Fachwissen über Wirtschaft und IT derzeit sehr gefragt. Das liege daran, dass Technik in vielen Unternehmen immer wichtiger wird – sei es für die Buchhaltung, die Produktentwicklung oder den Vertrieb im Internet. Jobs für Absolventen gibt es laut Prof. Teufel nicht nur im klassischen Finanzwesen und im Management. Während vor allem Männer in diese Bereiche strebten, konzentrierten Frauen sich häufiger auf die Spezialgebiete Marketing und Personal.