Plagiatsaffäre: Bildungsministerin Annette Schavan verliert Doktortitel

Nun also doch: Nach einem umfassenden Prüfverfahren hat der Fakultätsrat der Heinrich Heine Universität Düsseldorf Annette Schavan ihren 1980 erworbenen Doktortitel aberkannt.

Die Entscheidung des Fakultätsrates fiel in zwei Schritten, bei denen es jeweils klare Mehrheiten gab. Annette Schavan hat angekündigt, gegen das Urteil Revision einzulegen und um ihre Reputation zu kämpfen. Die eigene Partei zeigt sich (noch?) loyal. Die Öffentlichkeit fragt sich: Kann die Bildungsministerin unter diesen Umständen tatsächlich im Amt bleiben?

Klares Votum

Mehrere Stunden hatte der Fakultätsrat getagt, um am Ende zu einem eindeutigen Urteil in Sachen Doktortitel zu kommen: Die Plagiatsvorwürfe wurden mit dreizehn Ja- gegen zwei Nein-Stimmen bestätigt. Frau Schavan habe, so die Begründung, in ihrer Dissertation systematisch und vorsätzlich fremdes Gedankengut als eigene gedankliche Leistung ausgegeben. Der Fakultätsrat moniert fehlende Fußnoten und Verweise, aber auch die Unvollständigkeit des Literaturverzeichnisses. Auf dieser Grundlage wurde die schriftliche Promotionsleistung für ungültig erklärt und der Wissenschaftsministerin in einer zweiten Abstimmung der Doktortitel entzogen. Auch hier fiel das Votum – mit zwölf Ja- und zwei Nein-Stimmen bei einer Enthaltung – sehr eindeutig aus. Weder die Entgegnungen Schavans, noch die – jüngst von ihrem Doktorvater ins Feld geführten – zu jener Zeit geltenden wissenschaftlichen Standards seien geeignet, die Vorwürfe zu entkräften. Das heißt im Klartext: Auch der damalige Promotionsausschuss hätte die Mängel der Arbeit erkennen können, vielleicht sogar müssen.

Was nun?

Gegen das Urteil des Fakultätsrates kann binnen vier Wochen beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Widerspruch eingelegt werden. Frau Schavan, die ihren Doktortitel zumindest bis auf Weiteres nicht mehr führen darf und von dem Urteil im fernen Pretoria erfuhr, hat durch ihre Anwälte bereits mitteilen lassen, dass die Klage umgehend und selbstverständlich erfolgen wird. Die Durchführung des Verfahrens, so die Vertreter von Frau Schavan, sei fehlerhaft, das Urteil materiell rechtswidrig und außerdem unverhältnismäßig. Auch andere Experten hatten von Anfang an bemängelt, dass der Düsseldorfer Fakultätsrat darauf verzichtet hat, ein externes Gutachten einzuholen. Die Chancen mit der Revision erfolgreich zu sein, dürften unter formalen Gesichtspunkten als nicht ganz schlecht eingestuft werden.

Vorbild auf Abruf?

Sind es politische oder wissenschaftliche Motive, die bei den Diskussionen der kommenden Tage im Vordergrund stehen werden? Annette Schavan sieht auch ohne Doktortitel vorläufig keinen Anlass, ihr Amt als Bildungsministerin zur Verfügung zu stellen. Dabei kann sie sich derzeit noch auf Rückhalt aus den eigenen Reihen verlassen, auch wenn dieser sich nicht mehr ganz so vollmundig anhört wie noch vor einigen Wochen. Man braucht kein Prophet zu sein, um zu prognostizieren, dass der Druck auf die Ministerin und ihre Partei in den kommenden Tagen weiter steigen wird. Die vordergründige Lust an der Sensation darf nicht den Blick darauf verstellen, dass hier nicht nur eine einzelne Person, sondern die Kriterien für die Wertschätzung von Studium und wissenschaftlichem Arbeiten auf dem Prüfstand stehen.