Sexualwissenschaft: Paare und Familien beraten lernen

Merseburg (dpa/tmn) – Dass manche beim Titel dieses Fachs anfangen, anzügliche Witze zu reißen oder verschämt zu kichern, ist typisch. Denn offen über Sex zu reden, ist auch heute noch keine Selbstverständlichkeit.

Das gilt vor allem für Männer und Frauen, bei denen es im Bett nicht so rund läuft. Sie werden von anderen schnell belächelt, wenn solche Probleme zur Sprache kommen – Betroffenen ist oft aber gar nicht zum Lachen zumute. In dem Fach Angewandte Sexualwissenschaft lernen Studenten daher, wie sich das Thema auf behutsame Weise ansprechen lässt.

Dabei sind oft etliche Hürden zu überwinden: «Über sexuelle Probleme zu reden, ist immer noch tabu», sagt Prof. Harald Stumpe von der Fachhochschule Merseburg, die das Fach anbietet. Das gelte paradoxerweise auch in der heutigen, scheinbar so aufgeklärten Zeit. So blicke einem inzwischen zwar an nahezu jeder Straßenecke nackte Haut auf Werbeplakaten entgegen. Gleichzeitig sei es aber verpönt, über Potenzprobleme oder Orgasmusschwierigkeiten zu sprechen.

Vielmehr könnten die Bilder von perfekten Körpern in der Werbung zum Lustkiller werden, weil sie Jüngere unter Leistungsdruck setzen. «Über ihre eigenen sexuellen Wünsche mit dem Partner zu reden, trauen sich viele dagegen nicht», sagt Stumpe. Auch Sex im Alter oder die Homo-Ehe seien gesellschaftlich längst noch nicht überall akzeptiert.

Im Studium stehen zum einen Soziologie, Psychologie und Biologie auf dem Lehrplan. Daneben nehmen Studenten auch rechtliche Aspekte durch. Absolventen können später in der Familien- und Paarberatung arbeiten. Daneben sind sie zum Beispiel in der Aidshilfe tätig oder beschäftigen sich im Kinderschutz mit Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt und Missbrauch. Studieren lässt sich das Fach in dieser Form nur in Merseburg, an anderen Hochschulen ist es als Teilbereich der Erziehungswissenschaften oder der Medizin vertreten.