Studenten lernen in Hildesheim Weltmusik

Die Ergotherapeutin Anke Frowein beschreibt sich selbst als total klangverliebt.

70 Musikinstrumente hat sie von ihren Reisen in verschiedenen Ländern mitgebracht, wie die Hannoveranerin erzählt. Die Idee, zusätzlich zu ihrem Beruf den neuen Studiengang Weltmusik an der Universität Hildesheim zu studieren, fand sie von Anfang an reizvoll. Seit zwei Wochen gehört die Therapeutin zu einer Gruppe von 24 Studenten, die sich berufsbegleitend in die Musik verschiedener Kulturen einarbeiten. Der neue Studiengang ist nach Angaben seiner Initiatoren weltweit einzigartig.

Offiziell heißt das Studium musik.welt – Kulturelle Diversität in der musikalischen Bildung. Der Leiter des Center for World Music, Professor Raimund Vogels, schwärmt: Das ist tatsächlich etwas ganz Großartiges, ein Wagnis, das sonst noch niemand auf sich genommen hat. Musiker, Lehrkräfte und Sozialarbeiter aus sieben Ländern sollen in dem zunächst auf zwei Jahre angelegten Pilotprojekt lernen, das Potenzial der Musik für ihre Arbeit zu nutzen.

Anke Frowein will sich im Studium einer Kurzhalslaute aus dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten widmen, der Oud. Ich mag den besonderen weichen Klang, sagt die Therapeutin. Sie ist überzeugt, dass Musik den Menschen hilft, sich auszudrücken, wenn die Worte fehlen. Besonders die Vielfalt der Musik in den Kulturen der Welt fasziniert sie: Irland klingt einfach anders als Griechenland oder die Gesänge der Maori in Neuseeland.

Finanziell unterstützt wird der neue Studiengang von der Stiftung Niedersachsen. Deren Vertreterin Gesa Schönermark ist überzeugt, mit dem Angebot etwas Zukunftsweisendes zu leisten: Mehr als zwei Jahre haben wir in die intensive Vorarbeit gesteckt, erzählt sie. Viele Interessenten hätten gesagt: Auf ein solches Angebot haben wir gewartet.

Zu ihnen zählt der in Hannover lebende Nordiraner Misgah Joolaee. Er lernte die traditionellen persischen Instrumente Setar, Tar und Kamancheh und genoss eine fünfjährige Klavierausbildung in europäischer klassischer Musik. Mit seiner eigenen Band Aaavaan setzt er bereits iranische Musik in modernem Stil um. In Zukunft möchte ich mit Musikern aus anderen Kulturen arbeiten, mit ihnen gemeinsam auf der Bühne stehen, sagt er. Dass ich in Hildesheim damit anfangen kann, bedeutet für mich eine großartige Chance.

Musik soll Integration fördern

Professor Vogels unterstreicht, dass das Studium der Weltmusik die Integration voran treiben soll. Wir holen die Instrumente aus der Vitrine, bringen Studierende, Schüler, Menschen aus den unterschiedlichsten Gruppen der Gesellschaft in Kontakt und ermutigen sie, gemeinsam zu musizieren, erklärt er. Musik ist ein globales Phänomen, eine internationale Sprache, die Menschen aus unterschiedlichen Ländern, unabhängig von ihrem kulturellen und religiösen Hintergrund verbindet.

Als Brückenbauer sollen die Studenten künftig zwischen Angehörigen unterschiedlicher Kulturkreise vermitteln können. 40 Prozent der Erstsemester haben einen Migrationshintergrund.

Professor Raimund Vogels und Gesa Schönermark sind zuversichtlich, das es in Hildesheim nicht bei einem Pilotprojekt bleibt. Wir hoffen sehr, dass es nach zwei Jahren mit dem Studiengang weitergehen kann, sagt Schönermark.

Bis dahin bekommen die Studenten Einblick in die musikethnologische Forschung, lernen Selbstmanagement und machen sich mit den ökonomischen Bedingungen der Musikbranche vertraut. Als Master of Arts sollen sie nach vier Semestern in der Lage sein, interkulturelle Musikvermittlungsprojekte zu organisieren.