Studenten setzen Bauprojekte in Entwicklungsländern um – Architekturstudenten entwickeln Krankenstation in Guatemala

Noch steht das Entwicklungshilfeprojekt aus Pappe auf einem Tisch in einem Seminarraum der Hochschule Anhalt in Dessau.

30 mal 20 Zentimeter ist das Modell eines rechteckigen Gebäudes mit Terrasse groß. Wenn die Planungen der Studenten aufgehen, wird das Gebäude im kommenden Frühjahr als Krankenstation im 10.000 Kilometer entfernten Guatemala Gestalt annehmen. Gebaut werden soll in Chocruz, einem kleinen Ort in den Bergen des zentralamerikanischen Landes.

Drittes Projekt der Hochschule Anhalt

Ihr Vorhaben haben die Studenten nach dem dritten Buchstaben im griechischen Alphabet «Projekt Gamma» genannt. Es ist nämlich das dritte Projekt seiner Art an der Hochschule, sagt der 31-jährige Sebastian Opp, der als Student bereits daran mitgearbeitet hat, eine Kinderbibliothek in einem Township in Südafrika zu planen und zu bauen. Nach dem Studium gründete er gemeinsam mit Freunden den Verein Mirador. In Kooperation mit der Hochschule Anhalt entwickelt er nun mithilfe von Spenden Bauprojekte in Entwicklungsländern.

Studienprojekt mündet in Lebensaufgabe

«Das ist das Schönste an der Sache, dass ein Studienprojekt in einer Art Lebensaufgabe mündet», sagt Claus Dießenbacher, Architekturprofessor an der Hochschule Anhalt. Auf seine Initiative hin sind die ersten beiden Bauprojekte in Südafrika realisiert worden. Ziel ist, dass die Studenten im Studium nicht nur auf Papier planen, sondern ihre Entwürfe als Gebäude direkt umsetzen.

Die Idee, in Guatemala zu bauen, entstand durch den Kontakt zu einer Waisenschule in Chocruz. «Der Ort liegt rund 50 Kilometer von der nächsten Stadt und damit vom nächsten Krankenhaus entfernt», berichtet Opp, der im Frühjahr dort war, um das Gelände zu vermessen, auf dem die Krankenstation gebaut werden soll. Die
Mütter- und Kindersterblichkeit in dieser Region sei hoch. Mit der Ambulanz, in der später auch zwei einheimische Hebammen arbeiten sollen, soll diese Situation verbessert werden.

Für die Dessauer Studenten aus den Fächern Architektur, Facility Management, Design war der Einstieg in das ungewöhnliche Studienprojekt nicht einfach: «Wir mussten erst einmal Guatemala googeln», sagt Josephine Tetzner. Die Studentin im achten Semester war schon beim zweiten Südafrika-Projekt 2009 dabei. Damals habe es aus dem Vorprojekt bereits Material-Listen und Klimadaten gegeben, sagt Tetzner. Für Guatemala mussten diese erst neu erstellt werden.

Drei Monate für den Bau in Chocruz

Obwohl die Studenten erst Anfang 2012 mit dem Bau in Chocruz beginnen werden, wird jetzt schon hart gearbeitet. Schließlich hat die Gruppe vor Ort nur drei Monate Zeit. Die Pläne müssen bis zur Abreise detailliert ausgearbeitet und den Gegebenheiten vor Ort angepasst sein: Vom Steinmaß in Guatemala, das vom deutschen abweicht, bis hin zur Planung der Sanitäranlagen, die wegen des Wassermangels als Trockentoiletten konzipiert werden. Bei der Planung des Innenausbaus und der Ausstattung haben sich die Studenten vom Verein «Ärzte ohne Grenzen» beraten lassen.

Bis Ende des Jahres werden die Studenten sich außerdem weiterbilden und werden einen Maurerkurs belegen. «Jeder sollte schon einmal eine Kelle in der Hand gehabt haben», sagt Dießenbacher. Sebastian Opp sieht das Vorhaben nicht nur als Hilfe für die Menschen in Chocruz. «Angehende Architekten sollten ein Gefühl dafür bekommen, wie es ist, ein Gebäude vom Entwurf bis zur Schlüsselübergabe zu errichten.»