Technomathematik: Den Geist der Maschine studieren

Hannover (dpa/tmn) – Die Formel für den perfekten Diskohit lernen Technomathematiker nicht – auch wenn der Name des Fachs an elektronische Musik mit Graf Zahl aus der Sesamstraße als Taktgeber denken lassen mag.

Musik muss auf dem Lehrplan aber nicht fehlen: So wird in dem Fach unter anderem gelehrt, wie man Aufnahmen in das MP3-Format umwandelt. Schließlich ist das Kompressionsverfahren nichts als ein Algorithmus – und nur eines von vielen Beispielen dafür, wie viel Mathematik in der Technik von heute steckt.

«Technomathematik ist mehr als abstrakte Gleichungen, bei uns geht es um praxisrelevante Anwendungen», sagt Prof. Martin Reißel, der das Fach an der Fachhochschule Aachen lehrt. «Bei technischen Anwendungen im Alltag ist viel öfter Mathematik im Spiel als mancher glauben mag.» Sei es im Handy, im Computer, in der Autofertigung oder in der Bank: Überall laufen Berechnungen im Hintergrund ab, die sich als mathematische Formeln exakt erfassen und analysieren lassen.

Entsprechend breit sei die Palette der Jobmöglichkeiten für Absolventen. «In Versicherungen lässt sich mit Hilfe der Statistik und der Wahrscheinlichkeitsrechnung zum Beispiel errechnen, welche Schäden bei einem Blitzeinschlag realistischerweise zu erwarten sind.» Auch in der Autoindustrie oder im Maschinenbau würden vermehrt Modelle in Computersimulationen erstellt und verbessert – das spart Zeit und Kosten. Nicht zuletzt wartet auf Technomathematiker Arbeit im Computer- und Internetbereich – etwa, wenn es um neue Verschlüsselungsverfahren beim Online-Banking geht.

Im Studium lernen Hochschüler, Probleme auf eine mathematische Formel zu bringen und dann technische Lösungen in Simulationen dafür zu finden. Das Fach ist eng verbunden mit der Informatik: In Aachen müssen Studenten zum Beispiel kleine Lego-Roboter programmieren. Voraussetzung für Studienanfänger sei, dass sie Spaß an Formeln haben und bereit sind, viel am Computer zu sitzen. «Man arbeitet später an der Schnittstelle zu Entwicklern und Ingenieuren, daher muss man auch deren Sprache sprechen.» Studieren lässt sich das Fach außer in Aachen unter anderem in Berlin, Hamburg, Dresden, Rostock, Dortmund, Karlsruhe und Erlangen.