Gute Zeiten für Zeitarbeit: Das Misstrauen ist weiter groß

Hamburg (dpa/tmn) – Vor allem ein paar Monate Praxiserfahrung hatte sich Kurt Tanta versprochen, als er den Arbeitsvertrag bei der Ferchau Engineering GmbH unterschrieb. Aus den «paar Monaten» sind fast 20 Jahre geworden.

In dieser Zeit stellte der Maschinenbaukonstrukteur sein Wissen 15 Unternehmen im Auftrag von Ferchau leihweise zur Verfügung, mal nur für wenige Wochen, in der Regel für ein bis zwei, einmal sogar für vier Jahre. Der Begriff Zeitarbeit oder gar Leiharbeit kommt dem 44-Jährigen nicht über die Lippen. Es gehört zur Firmenphilosophie, sich von der Zeitarbeit abzusetzen: «Wir unterstützen die Kunden dabei, flexibel zu bleiben, indem wir ganze Gewerke im Rahmen eines Werkvertrages abwickeln. Das ist etwas anderes als Zeitarbeit», sagt Martina Gebhardt, Leiterin der Unternehmenskommunikation in Gummersbach.

Dabei ist das Prinzip identisch: Mehr als 17 000 Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland verleihen ihre insgesamt 600 000 festangestellten Mitarbeiter an wechselnde Einsatzstellen auf Kundenseite. Eine Obergrenze für die Dauer eines Einsatzes gibt es nicht mehr. Kann ein Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma nicht zu einem Kunden vermittelt werden, erhält er den Leerlauf vergütet oder baut eventuell geleistete Überstunden ab.

Christoph Lamoller, Geschäftsführer der Gesellschaft für Organisations- und Managemententwicklung GOM in Hamburg, berät Unternehmen über das Potenzial, das im Personalleasing steckt. «Es gibt im Mittelstand einen enormen Handlungsbedarf», ist seine Beobachtung. Allerdings gibt es auch Widerstände: Die Gewerkschaften sprechen von Lohndumping, die Mitarbeiter fürchten die Konkurrenz billigerer und womöglich engagierterer Arbeitskräfte.

Fakt ist, dass die Zeitarbeitnehmer, wenn sie nicht gerade zu den hochqualifizierten Kräften gehören, häufig weniger verdienen. «Unsere Zeitarbeitnehmer erfüllen eine andere Aufgabe als die Stammmitarbeiter», argumentiert Ingrid Hofmann, Geschäftsführerin der I.K. Hofmann GmbH in Nürnberg mit 8000 Zeitarbeitskräften. Was unausgesprochen hinzukommt: Auch die Zeitarbeitsfirmen müssen von dem Geschäft leben können – derzeit läuft es nicht schlecht: «Die Umsatzrendite im Personalleasing liegt derzeit bei 15 bis 20 Prozent. Hier sind auch die Abnehmer gefragt, sich darüber zu informieren, was von ihrem Geld eigentlich beim Leiharbeiter ankommt», sagt Lamoller.

Der Berater hat immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen: Wer gut ist, geht nicht zur Zeitarbeit, lautet eines davon. Dabei müssten die Unternehmer eigentlich wissen, dass es ihre vorsichtige Einstellungspolitik ist, die «normale Karrierewege» erschwert: Zwar hat der Aufschwung schon in den vergangenen Monaten 560 000 neue Stellen gebracht, ein Viertel davon geht aber auf das Konto von Zeitarbeitsfirmen, so die Bundesagentur für Arbeit.

«Zeitarbeit ist längst keine Konkurrenz mehr für uns, sondern ein ernstzunehmender Partner», erklärt deren Sprecher Ulrich Waschki. Für die Arbeitsuchenden sei das oft nicht der Traumarbeitgeber, aber doch die bessere Alternative zur Arbeitslosigkeit. Damit sie nicht zum Alptraum wird, sollten Interessenten sich über die Arbeitgeber informieren, die Verträge genau lesen und darauf achten, dass das Zeitarbeitsunternehmen das «Merkblatt für Leiharbeitnehmer» der Bundesagentur für Arbeit mit aushändigt.