Bielefeld/Kiel/Leipzig (dpa/tmn) – Detektive, Kameras oder Überwachung per GPS – Arbeitnehmer müssen den Kontrollwahn ihres Arbeitgebers nicht einfach hinnehmen. «Eine lückenlose Kontrolle bei der Arbeit ist nicht erlaubt.»
Das sagt Meike Kamp vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) in Kiel. «Das verstößt gegen die Persönlichkeitsrechte der Angestellten.» Organisationen und Personen, die sich in besonderem Maß gegen Grundsätze des Datenschutzes vergehen, verleiht der Datenschützerverein FoeBuD in Bielefeld einen «BigBrotherAward».
Der «BigBrotherAward 2007» wurde am12. Oktober in acht Kategorien vergeben. In der Kategorie «Arbeitswelt» hat ihn Novartis Pharma erhalten. Zur Begründung hieß es unter anderem, das Unternehmen habe Mitarbeitern im Außendienst ganztätig Detektive hinterhergeschickt, um eventuelle Verfehlungen aufzudecken. Bei den heimlichen Ermittlungen sei jeder Kundenbesuch und jede Tätigkeit minutiös aufgeschrieben worden.
So ein Vorgehen ist aus Sicht von Juristen und Datenschützer nicht erlaubt: «Heimlich geht das schon gar nicht», erklärt Meike Kamp vom ULD. Solche Maßnahmen seien in einem Unternehmen mit Betriebsrat mitbestimmungspflichtig. Es muss also eine entsprechende Betriebsvereinbarung her.
Abgesehen davon hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt der Datenschutzexpertin zufolge bereits klargestellt, dass eine Dauerüberwachung nicht erlaubt ist. Das gelte für die Installation von Videokameras ebenso wie für die lückenlose Auswertung von GPS-Daten in Dienstfahrzeugen. «Arbeitnehmer haben auch während der Arbeitszeit das Recht auf einen Rückzugsraum.»
Es kann jedoch Fälle geben, in denen Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einer bestimmten Datenerhebung haben – zum Beispiel, um die GPS-Daten für eine Routenoptimierung zu verwenden. Auch Maßnahmen zum Schutz von Betriebsgeheimnissen können eine Überwachung rechtfertigen. Dann müsse jedoch sichergestellt werden, dass die erhobenen Daten nur zu diesem Zweck verwendet werden, so Kamp.
Formen der Mitarbeiterüberwachung gibt es viele: zum Beispiel die Kontrolle der Internet- und Telefonbenutzung. «Auch die Taschenkontrolle am Werkstor gehört dazu», sagt der Rechtsanwalt Roland Gross in Leipzig, Mitglied Arbeitsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Wer mitbekommt, dass in der Firma eine nicht abgesprochene beziehungsweise nicht erlaubte Überwachung stattfindet, sollte sich laut Gross zunächst an den Betriebsrat wenden. «Man kann aber auch den Arbeitgeber direkt ansprechen und ihn bitten, die Maßnahmen einzustellen.»
Wenn das nicht hilft, sollten sich Betroffene an eine Datenschutzbehörde wenden. Die Ämter sprechen dann gegebenenfalls zunächst eine Beanstandung gegen das Unternehmen aus. Verstößt der Chef mit seinen Überwachungsmaßnahmen weiterhin gegen das Gesetz, drohen ihm Bußgelder. In besonders schwerwiegenden Fällen könnte es Roland Gross zufolge einen Anspruch der bespitzelten Mitarbeiter auf Schmerzensgeld oder Schadenersatz geben. Das sei aber sehr selten der Fall.
Gross rät außerdem, die Sache in der Firma publik zu machen. «Damit alle wissen, was da passiert.» Meike Kamp macht zudem darauf aufmerksam, dass Arbeitnehmer einen Anspruch darauf haben, von ihrem Arbeitgeber zu erfahren, welche Informationen dieser über sie gesammelt hat – und zu welchem Zweck.