Berlin/Kerpen (dpa/tmn) – Viele freie Stellen? Ja, das gibt es in Deutschland: auf dem Bau. Die Arbeitslosenzahl dort ist so niedrig wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Baufirmen klagen immer häufiger über Fachkräftemangel.
Bundesweit waren im vergangenen Jahr nach Angaben des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie in Berlin durchschnittlich 710 000 Menschen auf dem Bau beschäftigt. Die Beschäftigtenzahl hat sich zwar innerhalb von zwölf Jahren halbiert. Nun ist nach Einschätzung des Verbands die Trendwende geschafft. Das gilt so allerdings nicht für den Osten Deutschlands aus: «Wir haben genügend Leute, die auch gut ausgebildet sind», sagt etwa Hermann Leistner vom Arbeitsamt Leipzig. Bis zum Jahr 1996 sei sehr viel gebaut worden, doch dieser Bauboom sei deutlich abgeflacht.
Dass die Bauindustrie im Westen dringend nach Arbeitnehmern und Auszubildenden sucht, kann auch Ulrich Goos bestätigen. «Wir suchen viele Bewerber für die Bereiche Tiefbau, Straßenbau sowie Kanal- und Rohrleitungsbau», so der Leiter des Ausbildungszentrums (ABZ) in Kerpen bei Köln. Das Problem liegt seiner Ansicht nach vor allem in der mangelnden Qualifikation der Bewerber: Schulabgänger mit schlechten Noten müssten erst mit entsprechenden Nachhilfen für die Ausbildung fit gemacht werden.
Aus der Arbeitsmarkt-Misere ziehen die Bauunternehmen bereits Konsequenzen und bieten mehr Ausbildungsstellen an. Für 2006 meldete das deutsche Baugewerbe erstmals seit elf Jahren wieder einen Anstieg der Zahl der Ausbildungsverhältnisse um 400 auf insgesamt 35 600. Dass sich dennoch nicht mehr junge Menschen für einen handfesten Beruf in der Baubranche entscheiden, kann Bernd Garstka, Geschäftsführer des Berufsförderungswerkes der Bauindustrie in Düsseldorf, nicht so recht nachvollziehen: «Diese Berufe bieten vielseitige Möglichkeiten, und das Ausbildungsgehalt etwa eines Kanalbauers zwischen 900 und 1400 Euro ist doch auch nicht so schlecht», sagt er.
Seit 1980 betreut das ABZ in Kerpen die Auszubildenden in den insgesamt 25 klassischen Berufen der Bauindustrie und des Bauhandwerks. Hier werden direkte Kontakte zu den Schulen gepflegt, auf die Qualität der Ausbildung wird ebenso großer Wert gelegt wie auf ein ausgeprägtes Teamverständnis. Dennoch sei auch hier die fehlende Motivation der Schulabgänger, sich für diese Branche zu entscheiden, deutlich spürbar.
Dabei lässt sich die Baubranche die Ausbildung ihrer Fachkräfte einiges kosten. Qualifikation ist gefragt: Die Zahl der reinen Hilfsarbeiter nimmt ab. Diejenigen, die sich weiterbilden wollen, würden fundiert von den Ausbildern in den bundesweit 213 Fachzentren betreut, sagt Garstka. Insgesamt investiere die Branche pro Jahr 250 Millionen Euro in den Ausbildungsbereich.
Informationen: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, Kurfürstenstraße 129, 10785 Berlin, Telefon: 030/21 28 60