Projekt zeigt Migrantinnen einen Weg ins Arbeitsleben

Hamburg (dpa) – Die Deutsch-Türkin Nurdan Kaya hat ihren Traumjob als Sozialberaterin beim Hamburger Projekt «Regenbogen» gefunden. Ihr Schützling Aise Speckin ist noch längst nicht am Ziel ihrer beruflichen Wünsche.

«Aber ein Anfang ist gemacht», sagt die 42-Jährige. Nach 630 Deutsch-Stunden und einer intensiven Begleitung von Mitarbeitern des Projekts kann sie endlich in der Sprache ihrer neuen Heimat reden und ist zudem viel selbstbewusster geworden. «Als ich vor sechs Jahren nach Hamburg kam, konnte ich kein Wort Deutsch. Jetzt kann ich fast alles lesen und schreiben», erklärt sie stolz.

Die Energie für den Sprachkurs brachte Speckin erst auf, als sie sich nach dreijähriger Ehe von ihrem deutschen Mann trennte. Der gemeinsame Sohn ist inzwischen fünf Jahre alt und spricht «natürlich immer noch viel besser Deutsch als ich», findet die gelernte Rechtsanwaltsgehilfin. Vor wenigen Wochen hat sie die Deutsch-Prüfung B 1 abgelegt und möchte sich jetzt zur Altenpflegerin ausbilden lassen. Bis dahin kann sie als Reinigungskraft bei der Türkischen Gemeinde in Hamburg arbeiten, die das bundesweit einmalige Integrationsprojekt «Regenbogen« vor drei Jahren ins Leben gerufen hat.

220 Migrantinnen – vor allem aus der Türkei, aber auch aus Afrika, Afghanistan und dem Iran – versuchen zur Zeit mit Hilfe des «Regenbogens» in der deutschen Gesellschaft anzukommen. «Wir wollen vor allem Frauen aus traditionellen türkischen Familien aber auch andere Migrantinnen erreichen, die da Halt suchen, wo die alten Regeln gültig sind, wo man sie versteht und sie sich verständlich machen können: Im Familien- und Verwandtenkreis und in der Moschee», sagt Projektleiter Harald Winkels, Geschäftsführer der Türkischen Gemeinde in Hamburg.

Kaya und die anderen acht festen «Regenbogen»-Leute verstehen ihre Aufgabe darum auch als aufsuchende Sozialarbeit. «Wir gehen in Moscheen und in Stadtteile mit hohem Ausländeranteil und sprechen Frauen oder auch den Imam an, der dann den Kontakt herstelle», Nur wenn sie die Sprache der neuen Heimat beherrschten, könnten sie sich auch in ihr zurechtfinden. In Deutschland leben nach den Worten von Winklels fast acht Millionen Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund. «Sie sind es, die für für Erziehung und Bildung in den Familien weitgehend allein die Verantwortung tragen und damit den Integrationsverlauf der nächsten Generation bestimmen.»

Für viele von ihnen stelle der Schritt in die deutsche Gesellschaft ein großes Problem dar, auch weil sie es nicht gewohnt seien, zu lernen. Sie verharrten in der selbst gewählten Isolation und könnten damit auch ihren Kindern nicht gerecht werden. «Wenn es nicht gelingt, die Lebenssituation für diese Frauen schnellstmöglich zu verbessern, werden wir zusehen müssen, wie die Chancen für eine weitere Generation von Kindern mit Migrationshintergrund schon während der Schulzeit auf den Nullpunkt sinken», mahnt Winkels.

Finanziert wird das Projekt, zu dem auch Kinderbetreuung, Sozialberatung und die Thematisierung von Schulproblemen, gesunder Ernährung und Krankheiten wie Depressionen gehören – von der Stadt Hamburg und dem Europäischen Sozialfonds. Die Türkische Gemeinde habe bisher erfolglos versucht, das Hamburger Modell auch in anderen Bundesländern zu etablieren, sagt Winkels. Dabei wäre es wirklich wichtig, möglichst viele Frauen zu erreichen, die aus eigenem Antrieb nichts Neues lernen würden.

Aise Speckin hat so gern wieder die Schulbank gedrückt, dass sie unbedingt weiter machen und beruflich Fuß fassen will. Dabei hilft ihr der Verein WeiterBildung Hamburg, der Projekte zur beruflichen Integration koordiniert. «Unser Ziel ist es, Menschen mit Migrationshintergrund für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren und sie in Beschäftigung zu bringen», erklärt Nina Bastick. Sie will Aise gern dabei unterstützen, das richtige Weiterbildungsangebot für ihr Berufsziel Altenpflegerin zu finden.