Sommerschule für Hauptschüler: Training für den Job

Hohegeiß (dpa) – Deutsch und Mathe statt Sonne und Strand: In einer Sommerakademie in Niedersachsen büffeln Hauptschüler, um sich auf den Berufseinstieg vorzubereiten. Lohn der Mühe: Viele von ihnen erreichen nachher bessere Noten.

Der 1000-Einwohner-Ort Hohegeiß im Harz ist nicht gerade als Feriendomizil für urlaubsreife Achtklässler bekannt. Statt Strandparty und Diskotheken gibt es hier Felder, Wiesen und Berge. Trotzdem verbringen 64 Hauptschüler aus dem Raum Lüneburg die Hälfte ihrer Ferien in Hohegeiß – und das sogar freiwillig. Sie trimmen sich bei der Leuphana Sommerakademie, die von der Universität Lüneburg organisiert wird. «Wir wollen die Jugendlichen auf den Berufseinstieg vorbereiten», sagt Projektleiter Kurt Czerwenka, Schulpädagoge an der Universität Lüneburg. Drei Wochen lang stehen Deutsch, Englisch, Mathe sowie Sport und ein Musical auf dem Stundenplan.

Bei annähernd 30 Grad muss Taekwondo-Lehrer Jan Hauer erstmal für Ruhe sorgen. Dann versuchen sich die Schüler an verschiedenen Schlag- und Trittkombinationen. Besonders die Jungen lassen ihrer Kraft gerne freien Lauf. Aber auch die Mädchen zögern nicht, richtig zuzuschlagen. «Beim Taekwondo lernen die Schüler, mit ihren Aggressionen umzugehen», erklärt Kurt Czerwenka.

Parallel arbeiten andere Jugendliche an ihrem Auftritt bei einem Bewerbungsgespräch. Immer wieder schärfen die Betreuer den Achtklässlern ein, höflich zu sein und nicht zu spät zu kommen. In kleinen Rollenspielen simulieren sie ein Gespräch und bereiten sich so auf Fragen des möglichen Arbeitgebers vor.

Mit dabei ist auch Jasin Spahija. Er hat seinen Traumberuf schon gefunden: Konditor. Damit er bei der Ausbildungssuche bessere Chancen hat, will er einen Realschulabschluss machen. Für dieses Ziel ist er auch bereit, seine Ferien zu opfern. «Ich weiß ja, dass das wichtig ist», sagt er. In der Schule sei er gut, nur in Mathe habe er Probleme.

«Am Anfang wollten viele Schüler nicht glauben, dass sie ohne Taschenrechner arbeiten müssen», sagt Mathelehrerin Karen Hingst. Der Lernstand der Schüler sei sehr unterschiedlich. «Mit manchen Jugendlichen müssen wir beim Einmaleins wieder anfangen.» Bei anderen müsse der Stoff nur wieder aufgefrischt werden. Für Hingst ist vor allem wichtig, dass die Schüler das Gelernte im Beruf brauchen können.

So sieht es auch Steffen Gailberger, der für die Deutschkurse zuständig ist. «Ich kann den Schülern zwar beibringen, wie man &Rhododendronstrauch& schreibt, aber das haben die übermorgen wieder vergessen.» Für den Beruf sei es vor allem wichtig, dass die Jugendlichen richtig lesen könnten. Daher würden alle in den drei Wochen auch den Jugendroman «Isola» lesen. «Für viele Schüler ist es das erste Mal, dass sie überhaupt ein Buch ganz durchlesen», sagt Gailberger.

Die Sommerakademie läuft noch bis zum 9. August. Bis dahin üben sie mit einer Choreographin ein Musical ein und reden in Einzelgesprächen über ihre Sorgen. Auch nach Ende der Akademie werden die Schüler weiter betreut. Im vergangenen Jahr war die Sommerakademie erstmals an den Start gegangen. «Die Hälfte der Absolventen hat danach den Realschulabschluss geschafft», sagt Schulpädagoge Czerwenka. Mehr als 60 Prozent hätten zudem ihre Noten verbessert.