Teilzeitarbeit deckelt Einkommen vieler Frauen

Berlin (dpa/tmn) – Der große Einkommensunterschied von Männern und Frauen in Deutschland hat viele Gründe. Dazu zählt nach Einschätzung von Experten die hohe Teilzeitquote bei berufstätigen Frauen in Kombination mit tendenziell schlechter bezahlten Berufen.

Typisch für Deutschland sei die schlechte Bezahlung von Teilzeitarbeit, sagte Claudia Menne vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin. Teilzeitarbeit werde generell gering geschätzt. «Das ist in vielen Ländern etwa in Skandinavien oder auch in den Niederlanden nicht so», sagte Menne, die die DGB-Abteilung Gleichstellungspolitik leitet.

Laut einer neuen Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind die Gehaltsunterschiede von Männern und Frauen in kaum einem anderen Industriestaat so groß wie in Deutschland. Die Studie «Babies and Bosses», bei der unter anderem die Löhne in 17 Industrieländern verglichen wurden, bestätige, was frühere Untersuchungen auf EU-Ebene bereits gezeigt haben, sagte Menne. Danach verdienen Männer in Deutschland rund 25 Prozent mehr als Frauen. Nur in Japan und Korea sei diese Lücke noch größer.

Eine Ursache dafür sei auch das nach wie vor traditionelle Berufswahlverhalten in Deutschland: Nach wie vor entschieden sich junge Frauen überdurchschnittlich häufig für eher schlecht bezahlte Berufe wie Friseurin und Einzelhandelskauffrau. «Gerade der Einzelhandel ist eine klassische Frauendomäne. Dort wird oft auf 400-Euro-Basis gearbeitet.»

Die Schere beim Einkommensunterschied sei in den vergangenen zehn Jahren sogar größer geworden – unter anderem weil die Zahl solcher Beschäftigungsverhältnisse bei Frauen deutlich gestiegen sei. Auch Initiativen wie der «Girl&s Day», mit dem Mädchen auf für Frauen untypische Berufe aufmerksam gemacht werden sollen, haben nach Mennes Einschätzung daran bisher wenig geändert. «Man müsste eigentlich schon viel früher einsetzen», meint die Expertin. Ideal wäre es aus ihrer Sicht, wenn Mädchen schon mit zehn oder zwölf Jahren Anregungen für Berufsmöglichkeiten bekämen, die über das klassische Muster hinausgehen. «Andere Länder machen zum Beispiel gute Erfahrungen mit Schnuppertagen in Handwerksbetrieben.»

Deutliche Gehaltsunterschiede beschränken sich aber nicht auf Geringverdiener. Auch unter Hochschulabsolventen komme es vor, dass gleich qualifizierte Frauen und Männer unterschiedlich viel verdienen. Wenn sie innerhalb einer Firma die gleiche Tätigkeit ausüben, verstößt das unter Umständen gegen das seit August 2006 geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Frauen, die diesen Eindruck haben, sollten das im Betrieb ansprechen, am besten in der Personalabteilung und mit dem Betriebsrat, rät Menne. Im Konfliktfall könne die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin ein Ansprechpartner sein, «sie soll eine Ombudsfunktion wahrnehmen.»