Hamburg (dpa) – Anna Dohmstreich tritt vorsichtig auf das Gaspedal des Linienbusses, langsam lenkt die 17-jährige Hauptschulabsolventin einen Zehntonner über das Betriebsgelände.
Noch hat sie nicht einmal den normalen Führerschein, aber in drei Jahren soll die zierliche Blondine Fahrgäste im Hamburger Straßenverkehr kutschieren. Seit fünf Monaten macht Anna eine Ausbildung zur Busfahrerin.
«Wenn ich diese Lehrstelle nicht gekriegt hätte, wäre ich in irgendeiner Maßnahme gelandet», sagt Anna. Rund 267 000 Hauptschulabgänger bundesweit haben im vergangenen Jahr mit Hilfe der Arbeitsagenturen einen Ausbildungsplatz gesucht, davon blieben etwa 10 900 ohne Lehrstelle. Für Hauptschüler ist der Kampf um den Einstieg ins Arbeitsleben besonders schwer, obwohl sie als Lehrlinge gegenüber Realschülern oder Gymnasiasten auch Vorteile haben. «Hauptschüler sind meist ernsthaft daran interessiert, längerfristig in diesem Beruf zu arbeiten», erklärt Benedikt Peppinghaus vom Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn.
Seit September 2007 bildet die Unternehmensgruppe Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) und Pinneberger Verkehrsgesellschaft (PVG) 30 Hauptschul-Absolventen zu «Fachkräften im Fahrbetrieb (FiF)» aus. «Das ist eine Allround-Ausbildung für Busfahrer», erklärt Sprecher Kay Goetze. Während der dreijährigen Ausbildung lernen 30 Jugendliche zwischen 16- und 22 Jahren die technischen, betriebswirtschaftlichen und fahrpraktischen Seiten eines Busunternehmens kennen. Außerdem wird ihnen der richtige Umgang mit den Fahrgästen beigebracht. Nach Abschluss der Ausbildung, können sie sofort – auch schon mit 18 Jahren – im Straßenverkehr eingesetzt werden.
Für viele der neuen «FiFs» ist die Ausbildung der Ausweg aus einem drohenden Weiterbildungs- und Bewerbungs-Marathon. Auch Anna hat wahre Bewerbungsstrapazen hinter sich. Sogar ein nachgeholter Realschulabschluss und verschiedene Praktika halfen nicht. «Weil ich ein Mädchen bin», glaubt sie. Bei der Auswahl der zukünftigen Busfahrer spielte das Geschlecht keine Rolle: «Von 200 Bewerbungen waren 27 weibliche Anfragen», sagt Goetze und betont, es werde immer schwerer, gute Busfahrer einzustellen. «Viele gehen in die Schweiz, Österreich oder Dänemark, da sie dort besser bezahlt werden», sagt Goetze. In Deutschland verdiene ein Busfahrer als Basislohn ungefähr 2000 Euro Brutto.
Seit 2002 wird die Ausbildung zum Busfahrer angeboten. «Früher hat ein Führerschein Klasse D» gereicht, um Busfahrer zu werden», sagt Michael Weber-Wernz vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Köln. Auch wenn es immer noch diese Möglichkeit gibt, setzen viele Verkehrsunternehmen mehr auf breiter geschultes, kundenorientiertes Personal. 2006 boten immerhin 26 Verkehrsunternehmen bundesweit diese Ausbildung an. Für Anna ist diese Ausbildung der Weg zu ihrem Traumjob.