Deutsch-türkische Privatschule in Stuttgart expandiert

Mit einem strahlenden Lachen legt Enes Yildiz die Kupferkapsel in den Grundstein des Neubaus der BiL-Privatschule.

Zusammen mit einigen seiner Mitschüler hat er zuvor gute Wünsche für das neue Schulhaus im Stuttgarter Stadtteil Münster dort hineingelegt. Darunter war auch der Wunsch, dass sich Integration nicht an Herkunft, Religion oder Rasse entscheiden dürfe.

Das 20 Millionen Euro teure Gebäude solle im kommenden Jahr fertiggestellt werden und mehr Platz für die wachsende Schülerschaft bieten, sagt Geschäftsführer Muammar Akin. Derzeit besuchen 280 Schüler die Realschule oder das Gymnasium. «Das bisherige Schulgebäude ist schon einige Zeit zu klein.» In etwa acht Jahren rechnet die Schule mit 670 Schülern.

Die private Schuleinrichtung wird von einem deutsch-türkischen Verein getragen. 90 Prozent der Kinder haben einen Migrationshintergrund, der größte Anteil entfällt auf türkischsprachige Kinder. Sieben Nationalitäten sind an der BiL-Schule vertreten. Die Abkürzung rührt noch von der Nachhilfeeinrichtung her, aus der die Privatschule 2004 hervorgegangen ist: Bildungs- und Informationszentrum Landhaus.
Monatlich wird ein Schulgeld von durchschnittlich 230 Euro erhoben.

Sowohl Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) als auch Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler (SPD) loben die Schule am Montag bei der Grundsteinlegung als Vorbild, wie Integration im Bildungsbereich gelingen kann. «Ich hoffe, dass es eine Erfolgsgeschichte wird, die auch auf das staatliche Schulsystem abstrahlt», sagt Schuster.

Zwtl.: Schüler schätzen gutes Miteinander mit Lehrern

Auch viele Eltern, Schüler und Lehrer feiern die Grundsteinlegung. Darunter ist Meral Eroglu, Mutter der Elftklässlerin Betül. Ihre Tochter hatte zuvor eine staatliche Schule besucht, sich dort aber nicht wohlgefühlt. An der BiL-Schule ist sie jetzt aber sehr zufrieden – trotz der über 90 Minuten dauernden Anfahrt von Neckartenzlingen.

«Für mich war es nicht ausschlaggebend, dass die Schule von einem deutsch-türkischen Trägerverein unterhalten wird», sagt Eroglu, die ein Kopftuch trägt. Am Anfang hatte sie sogar Bedenken, ob ihre Tochter vielleicht bei so vielen ausländischen Kindern Probleme mit der Sprache bekäme. «Das hat man auch als ausländische Mitbürgerin», sagt sie. Doch alle Sorgen seien zerstreut worden.

Für Enes Yildiz, der in die 11. Klasse geht und dessen Eltern aus der Türkei stammen, spielt das Thema Herkunft im Schulalltag keine Rolle. «Ich schätze hier vor allem die Atmosphäre, die Zusammenarbeit mit den Lehrern», sagt er. Im kommenden Jahr macht er seinen Abschluss und hofft deshalb, dass es beim Bau des neuen Schulgebäudes keine Verzögerungen gibt und er sein letztes Schuljahr noch dort erleben darf.

Zwtl.: Probleme bei der Lehrersuche für das Gymnasium

Um Lehrer zu finden, musste die Schulleitung teils lange suchen.
«Es war insgesamt schwierig, Gymnasiallehrer zu finden», sagt Akin.
Zum einen gebe es in Baden-Württemberg zu wenig freie Lehrer, zum anderen könne das Gymnasium wegen der mangelnden staatlichen Anerkennung zum Beispiel keine Verbeamtungsmöglichkeit bieten. Nun habe man aber Lehrkräfte gefunden. Akin hofft, dass das Gymnasium in den kommenden vier Monaten anerkannt wird und die Schüler ihre Abiturprüfung dann an der BiL-Schule ablegen können.

Musiklehrerin Claudia-Maria Haid schätzt das familiäre Miteinander an der Schule. Bei der Grundsteinlegung kommen die Kinder auf sie zu, sprechen locker mit ihr oder umarmen sie sogar.
Dass die Schule in den Anfangsjahren in einem kleineren Gebäude untergebracht war, hält sie sogar für einen Vorteil. «Das war gut zum Zusammenwachsen», sagt Haid. Sie findet es sehr gut, dass die Kinder aus allen Kulturkreisen mit anderen Bräuchen konfrontiert werden. So liege der Fokus nicht nur auf türkischen Aspekten.
Weihnachten und das Zuckerfest Bayram werden hier gleichermaßen begangen.

Wenn im kommenden Jahr das neue Gebäude eingeweiht wird, will die Prominenz sich erneut ein Bild machen. «Wir kommen gerne wieder zur Einweihung», kündigt Stuttgarts Oberbürgermeister Schuster an.