Figurentheaterspieler

Wie werde ich Figurentheaterspieler?

Beruf Figurentheaterspieler

Stuttgart/Berlin (dpa/tmn) – Wenn der Rabe Rudi in der Fernsehserie «Siebenstein» auftritt, erweckt ihn Werner Knoedgen nicht nur zum Leben. Er leiht ihm auch die Stimme.

Jenseits des Bildschirms spricht Knoedgen regelmäßig zu einer handverlesenen Zahl Studenten – als Leiter des Studiengangs Figurentheater an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Außer in Stuttgart wird dieses Fach nur noch an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin gelehrt.

Der Zufall hat Knoedgen zu seinem Beruf und damit auch zum Raben Rudi geführt: «Ich habe gern Theater gemacht und dann Puppentheater gespielt, um Geld während des Studiums zu verdienen.» Seither fasziniert ihn die Ausdruckskraft der Puppen. «Mit unseren Mitteln können wir viel weiter gehen als Schauspieler», sagt Knoedgen. «Wenn die Mimik nicht mehr da ist, wird alles aus der Körpersprache gearbeitet – und die wirkt viel stärker, als wenn jemand sein Gesicht verzieht.»

Die Berliner Figurenspielerin Ute Kahmann teilt diese Begeisterung: «Erwachsene lassen sich genauso gern darauf ein wie Kinder», sagt die Geschäftsführerin des Verbandes Deutscher Puppentheater (VDP), einem Zusammenschluss von etwa 120 Ensemble-Theatern und Solisten. Voraussetzung für eine Anstellung an einem renommierten Puppentheater ist in der Regel ein Studium an einer der beiden Hochschulen. Dafür erforderlich ist das Abitur und das Bestehen der Aufnahmeprüfung.

Um 14 Plätze in Berlin konkurrieren 80 bis 100 Kandidaten, zwischen 15 und 30 Bewerber pro Jahr um die fünf Ausbildungsplätze in Stuttgart. Nach einem ersten Test geht es dort in einem ganztägigen Workshop um den Nachweis der Ausbildbarkeit. Dabei werde vor allem auf die Begabung zur «instrumentalen Darstellung» geachtet, erläutert Knoedgen – also auf die Fähigkeit, Dinge zum Leben zu erwecken, um damit Theater zu spielen.

Zum Studieninhalt zählen Fächer wie Materialtraining, Pantomime, Sprechen, Dramaturgie und Lichttechnik. Die Regelstudienzeit beträgt acht Semester. Während die Studenten in Stuttgart seit dem vergangenen Wintersemester zunächst einen Bachelor ablegen, gibt es an der Hochschule Ernst Busch in Berlin den Abschluss als Diplom-Puppenspieler. Allgemein zugängliche Puppenspielkurse bietet das Figurentheater-Kolleg in Bochum an.

Ein vergleichsweise neues Arbeitsfeld ist die Tätigkeit als Ausbilder von therapeutischen Puppenspielern. Vor allem bei der Therapie von Kindern oder Süchtigen komme das Figurenspiel zum Einsatz, sagt der Ergotherapeut Uwe Hilterhaus-Kunkel aus Havixbeck in Nordrhein-Westfalen von der Deutschen Gesellschaft für therapeutisches Puppenspiel (DGTP).

Menschen, die es nie oder noch nicht gelernt haben, ihre Gefühle in Worten auszudrücken, seien die Zielgruppe. «Sie können sich hinter den Puppen verstecken und alles sagen, was sie sich als Person nicht trauen.» Die unter Anleitung des Therapeuten gebaute Puppe diene als «Abstandshalter» zu den eigenen Emotionen. Entwickelt habe diese Therapieform die Schweizer Puppenspielerin Käthy Wüthrich. Vor einem Auftritt vor geistig behinderten Kindern zunächst skeptisch, sei sie überrascht vom Erfolg gewesen: Die Kinder hätten stets an der richtigen Stelle gelacht.

Heute unterrichten Ärzte, Psychologen und Puppenspieler gemeinsam angehende Puppenspieltherapeuten. «Das Puppenspiel spricht direkt die Seele an, da braucht man keine großen kognitiven Fähigkeiten», sagt Hilterhaus-Kunkel. Eine Einschätzung, die Figurentheater-Professor Knoedgen und die Geschäftsführerin des Puppentheater-Verbandes Kahmann teilen.

Literatur: Elisabeth Schöneborn: Alles an Fäden, Ein Leben mit dem Puppenspiel, Verlag am Goetheanum, ISBN-13: 978-3-723-50961-6, 27 Euro; Käthy Wüthrich, Klaus Harter: Das therapeutische Puppenspiel, Kösel Verlag, ISBN-13: 978-3-466-30767-8, 19,95 Euro