Studie bemängelt Ausbeutung von Gastronomie-Azubis im Nordosten

Viele Überstunden, wenig Geld und kaum Urlaub: Auszubildende in der Gastronomie sind einer neuen Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zufolge unter besonders miesen Bedingungen beschäftigt.

DGB-Jugendsekretär Heiko Gröpler warf den Betrieben am Dienstag in Schwerin vor, Lehrlinge vor allem in der Hochsaison auszubeuten.

Weil im Sommer die Berufsschule pausiere, müssten viele Azubis dann in Vollzeit kellnern oder kochen. Das sei ein echtes Schnäppchen für die Arbeitgeber – denn laut der Studie verdienen 95 Prozent der Azubis weniger als 500 Euro im Monat, 91 Prozent haben weniger als 25 Tage Jahresurlaub.

Sechs von zehn Gastro-Lehrlingen in Mecklenburg-Vorpommern müssten mehr als fünf Tage pro Woche arbeiten, wobei jeder dritte keinen Ausgleich für Überstunden erhalte. Dies ergab die Auswertung von Fragebögen. Quer durch die Branchen gaben mehr als 2.200 Azubis darin Auskunft über ihre Arbeitssituation.

Ausbeutung statt Ausbildung in der Gastronomie

Die Ergebnisse sprächen in der Gastronomie für Ausbeutung statt Ausbildung, sagte Gröpler. Der Vizevorsitzende des DGB Nord, Ingo Schlüter, hält gesetzliche Vorgaben sogar im breiten Stil für gebrochen. Das Sozialministerium prüfe entsprechende Verstöße etwa bei der Arbeitszeitdauer. Minderjährige dürfen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz pro Woche nicht mehr als 40 Stunden arbeiten.

Der Ausbildungsbeauftragte des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga in Mecklenburg-Vorpommern, Hans-Ulrich Trosien, sagte, der Verband distanziere sich von schwarzen Schafen, könne aber immer nur seine Mitglieder aufklären. Die Verdienstmöglichkeiten in der Gastronomie seien extrem gering. Ich würde meinen Leuten auch gerne mehr zahlen, kann es aber nicht, sagte Trosien, der das Schweriner Altstadt-Brauhaus Zum Stadtkrug betreibt.

Immer wieder wendeten sich Jugendliche hilfesuchend an die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gastätten, sagte deren Jugendbeauftragte im Norden, Ilka Dettmer. Die Angst, den Ausbildungsplatz zu verlieren, ist aber groß. Knapp die Hälfte der Azubis bringe die Lehre in dieser Branche nicht zu Ende, entweder, weil sie selbst abbrächen oder vorzeitig entlassen würden.

Zwei Drittel der Azubis aber grundsätzlich zufrieden

Dem DGB zufolge haben es Hotels und Gaststätten gerade wegen dieser schlechten Bedingungen immer schwerer, Nachwuchs zu finden. Der Bundesagentur für Arbeit waren bis September im Nordosten 184 unbesetzte Ausbildungsplätze für Köche gemeldet, 181 für Restaurant-Fachkräfte und 140 für Hotel-Fachpersonal.

Grundsätzlich zeigten sich zwei Drittel aller Auszubildenden im Land aber zufrieden, auch die fachliche Qualität bemängelte nur eine Minderheit. Auffallend sei jedoch, dass 16 Prozent der Lehrlinge angaben, selten oder nie von einem Ausbilder betreut zu werden, sagte Gröpel. Die Jugendlichen verlangten aber nach einer geregelten Ausbildung.